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BRÜSSEL
Warum sich jetzt auch die EU mit dem Wolf befasst
Miriam Moll
 |  aktualisiert: 25.11.2017 03:14 Uhr

Lange war der Wolf nur noch Teil von schaurigen Märchen der Brüder Grimm. Inzwischen ist er in weiten Teilen Europas wieder heimisch geworden, Naturwissenschaftler sprechen von zehn verschiedenen, teils grenzüberschreitenden Populationen.

Allein in Deutschland leben nach 150 Jahren, in denen das Raubtier ausgerottet war, inzwischen wieder mehr als 60 Rudel. Einigen Landwirten geht das zu weit. Denn das Raubtier reißt nicht nur Reh, Rotwild und Wildschwein, sondern auch Schafe und Ziegen.

In dieser Woche haben nun die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Straßburg auf die Sorgen der Bürger vor allem aus dem ländlichen Raum reagiert: In einem Aktionsplan forderten die Volksvertreter Maßnahmen der EU-Kommission. „Die Koexistenz mit großen Beutegreifern wie dem Wolf ist in manchen Regionen schwierig“, sagt Landwirt und CDU-Europaabgeordneter Karl-Heinz Florenz. „Die Population hat mancherorts eine Größe erreicht, dass sie für andere Arten und Nutztiere eine ernste Gefahr darstellt“, sagt Florenz, der zugleich Präsident der parlamentarischen Intergruppe Biodiversität, Jagd und ländliche Aktivitäten ist.

„Angemessene Regulierung“

Fraktionskollege Jens Gieseke sieht das genauso: „Wenn streng geschützte Arten einen guten Erhaltungszustand erreicht haben und zugleich die nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum gefährden, muss die Kommission tätig werden“, forderte er. Mehr noch: „Eine ungehinderte Ausbreitung des Wolfs passt nicht in unsere dicht besiedelte Region“, meinte der Abgeordnete. In dem Aktionsplan werden die EU-Behörde sowie die Mitgliedstaaten aufgerufen, „konkrete Maßnahmen zur Bewältigung dieser Probleme zu ergreifen“.

Tatsächlich erkennt selbst der Naturschutzbund Deutschland diese an und fordert, „bundesweit den praxistauglichen Herdenschutz“ voranzubringen: „Weidetierhalter in Deutschland dürfen von der Politik nicht länger alleingelassen werden mit den Herausforderungen, die die Rückkehr des Wolfes für sie mit sich bringt“, fordert der Bund.

Als Abschussfreigabe wollen die Naturschützer ihren Appell aber nicht verstanden wissen, stattdessen müssten „angemessene Präventionsmaßnahmen“ getroffen werden.

Diplom-Biologe Hans-Dieter Pfannenstiel, Professor für Zoologie an der FU Berlin, fordert – mit dem Rückhalt mehrerer Landwirtschaftsverbände – hingegen eine „angemessene Regulierung des Wolfsbestandes durch die Jagd“. Der deutsche Jagdverband verweist ebenfalls auf den schon jetzt „günstigen“ Erhaltungszustand der Raubtiere.

Bewertungsverfahren entwickeln

Das Problem: Wölfe legen innerhalb eines Tages große Strecken zurück. Sven Herzog, Genetiker und Professor an der TU Dresden, spricht deshalb von einem zusammenhängenden Wolfsvorkommen, „welches sich vom Ural im Norden bis nach Karelien und ins Baltikum, nach Westen bis Niedersachsen und nach Süden über die Karpaten bis in die dinarisch-balkanischen Gebirge erstreckt.“ Ein einzelner Wolf könne deshalb innerhalb weniger Tage (westwärts) weite Teile Deutschlands ebenso wie (ostwärts) Ostpolen, das Baltikum, Weißrussland oder die Ukraine erreichen“.

Nun soll sich also die EU-Kommission des Problems annehmen – und ein „Bewertungsverfahren entwickeln, das es ermöglicht, den Schutzstatus von Arten in bestimmten Regionen abzuändern, sobald der gewünschte Erhaltungszustand erreicht ist“, wie das Europäische Parlament forderte. Soll heißen: Der Status besonders streng geschützter Arten soll auf den Prüfstand kommen.

„Europäisches Umweltrecht muss flexibler werden“, verlangt der CDU-Parlamentarier Gieseke – und meint damit nicht nur den Wolf. Auch Kormorane müssten künftig jagbar werden, so der Europaabgeordnete: Am niedersächsischen Dümmer-See habe der Vogel bereits eine „dramatische Reduzierung des Fischbestands“ verursacht. In dem Aktionsplan blieb der Kormoran in der Volksvertretung allerdings unerwähnt – wegen mangelnder Mehrheit.

 
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