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BRÜSSEL
Warum die EU London mehr Zeit anbietet
Brexit- Protest       -  Gehen oder bleiben? Brexit-Anhänger und -Gegner protestieren nach wie vor unermüdlich in London für ihre Sache.
Foto: Alastair Grant, dpa | Gehen oder bleiben? Brexit-Anhänger und -Gegner protestieren nach wie vor unermüdlich in London für ihre Sache.
Detlef Drewes
Detlef Drewes
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:26 Uhr

In der EU wächst die Bereitschaft, Großbritannien für den Vollzug des Brexit mehr Zeit zu geben. Chefunterhändler Michel Barnier bestätigte in Brüssel, dass es im Kreis der Mitgliedstaaten eine Mehrheit dafür gibt, die ursprünglich bis Ende 2020 geplante Übergangsperiode auszuweiten. Nun sollen die Staats- und Regierungschefs am Sonntag entscheiden.

Die Außenminister waren sich einig: „Das ausgehandelte Abkommen mit Großbritannien ist ein fairer Kompromiss“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), als er am Montag in Brüssel mit seinen Amtskollegen zusammentraf. „Niemand könnte seinen Bürgern erklären, wenn man eine solche Chance ungenutzt an sich vorüberziehen lassen würde.“

Bewegung in den Gesprächen

Ähnlich äußerten sich auch die übrigen Außenamtschefs und signalisierten damit in Richtung London: „Die EU steht weiter einig zusammen und niemand darf die Fortschritte übersehen, die wir erreicht haben“, wie es Gernot Blümel, der österreichische Europaminister und Vertreter der halbjährlich wechselnden EU-Ratspräsidentschaft, ausdrückte. Gerüchte, es habe im Kreis der Mitgliedstaaten Nachforderungen gegeben, wiesen beiden zurück. Am Wochenende hatte es geheißen, Frankreich sei mit der Regelung der Fischereirechte in der Irischen See nicht einverstanden. Davon war am Montag keine Rede mehr.

Dennoch scheint wenige Tage vor dem EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschef am kommenden Sonntag in Brüssel, an dem nun auch die britische Premierministerin Theresa May teilnehmen soll, Bewegung in die Gespräche gekommen zu sein. „Wenn sich die 27 einigen“, sagte Barnier, können wir die Übergangsphase verlängern.“ Über „eine einmalige, begrenzte“ Ausdehnung dieser Periode gebe es „keine Meinungsverschiedenheiten“.

De facto würde dieser Schritt, der sich an den Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Union am 29. März 2019 anschließt, dazu führen, dass der Brexit erst danach voll in Kraft treten würde. London bliebe zusammen mit der EU in einer Zollunion, dürfte aber nicht mehr an der Gestaltung des Binnenmarktes mitwirken. Auch neue Freihandelsabkommen, die die Mitgliedstaaten in dieser Zeit unterzeichnen, hätte die britische Regierung mitzutragen. „Im Grundsatz gibt es eine Zustimmung aller“, bekräftigte Barnier.

Beiträge an Brüssel zahlen

Ein solcher Schritt würde nach Angaben des EU-Chefunterhändlers aber kein „einseitiger Akt“ der 27 Mitgliedstaaten sein können. Denn London hätte für eine Verlängerung der Übergangsphase auch entsprechende Beiträge an Brüssel zu zahlen. „Wie viel das sein müsste, kann ich derzeit nicht sagen“, ergänzte Barnier. Bis zum nächsten Sonntag wollen die zuständigen Außen- und Europaminister der EU nun eine politische Erklärung der Staats- und Regierungschefs ausarbeiten. Es handelt sich dabei um ein Eckpunktepapier über die künftigen Beziehungen zwischen der Union und Großbritannien.

Im Mittelpunkt stehen Fragen zu einer Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft, wie sie nach dem Austrittsdatum dann noch in Verträgen zwischen Brüssel und London festgelegt werden müsste. Die Gespräche darüber können aus rechtlichen Gründen erst im April nächsten Jahres beginnen, weil Großbritannien bis Ende März Mitglied der Gemeinschaft ist, die entsprechenden Verhandlungen aber nur mit einem Nicht-EU-Land geführt werden können.

Dass auch dieser Plan durchaus Risiken enthält, gab Barnier am Montag in Brüssel zu: „Die Übergangsphase ist eine Zeit der Stabilität, die beiden Seiten Gelegenheit gibt, sich vorzubereiten, Verwaltungsstrukturen aufzubauen und alles zu regeln. Was danach kommt, weiß heute niemand.“

 
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