Der Anruf der Kanzlerin kam am frühen Samstagvormittag, wenige Stunden bevor Angela Merkel offiziell den Rücktritt ihrer langjährigen Bildungs- und Forschungsministerin und engen Vertrauten Annette Schavan bekannt gab. Ob sich Johanna Wanka, zu diesem Zeitpunkt noch Wissenschaftsministerin in Niedersachsen, vorstellen könne, die Nachfolge Schavans anzutreten, wollte die Regierungschefin wissen. Wanka zögerte keine Sekunde und sagte sofort zu.
Das sei, meint sie am Donnerstag, dem Tag ihrer Vereidigung und ihres Amtsantritts im Ministerium, für sie keine Frage gewesen. Wenn einem die Kanzlerin das Vertrauen schenke, könne man schlecht absagen. Und außerdem, fügt die 61-jährige Mathematikerin und frühere Rektorin der Hochschule Merseburg mit entwaffnender Offenheit hinzu, „fühlt man sich auch ein bisschen geschmeichelt“, wenn man in ein solches Amt berufen werde.
Dabei ist sich die gebürtige Sächsin, die von 2000 bis 2009 in Brandenburg und von 2010 bis 2013 in Niedersachsen jeweils das Wissenschafts- und Kulturressort leitete und 2005 Präsidentin der Kultusministerkonferenz war, durchaus bewusst, dass sie in den sieben Monaten bis zur Bundestagswahl nur wenige eigene Akzente setzen kann und praktisch die Arbeit ihrer Vorgängerin weiterzuführen hat.
Gleichwohl nimmt sie die Gelegenheit wahr, in ihrer neuen Rolle als Bundesministerin ihren früheren Kollegen von den Ländern die Leviten zu lesen. Es könne nicht gehen, dass einige Bundesländer beim Hochschulpakt sich weigern würden, ihren 50-prozentigen Anteil für die Finanzierung zusätzlicher Studienplätze aufzubringen, während der Bund „konsequent war und verlässlich finanziert hat“. Sie fordere an dieser Stelle „mehr Transparenz bei der Finanzierung“, nur so könnten die zusätzlichen Studienplätze auch wirklich gut ausgestattet werden.
Verfahren sei die Situation beim BAföG. Eine Erhöhung der seit Oktober 2010 geltenden Sätze sei im Augenblick wegen der angespannten Finanzlage der Länder unwahrscheinlich, sagte sie. Die Grenzen zwischen beruflicher und akademischer Bildung sollten weiter abgebaut und die Übergänge fließender gestaltet werden. Einerseits müsse die Zahl der Studienabbrecher weiter gesenkt werden, andererseits sollten noch mehr Meister ohne Abitur ein Studium aufnehmen.
Einer Überprüfung ihrer im Jahr 1980 an der Universität Leipzig entstandenen Doktorarbeit zum Thema „Lösung von Kontakt- und Steuerproblemen mit potenzialtheoretischen Mitteln“ sehe sie gelassen entgegen. Schon im Januar sei sie gebeten worden, ein Exemplar ihrer Promotion zur Verfügung zu stellen. Das habe sie getan. „Die kann sich jeder ansehen, die kann untersucht werden.“ Und noch etwas stellte sie gleich am ersten Arbeitstag klar: Ein Bundestagsmandat strebe sie auf keinen Fall an.