Knapp vier Wochen nach ihrer Ernennung zur neuen Bildungs- und Forschungsministerin hat Johanna Wanka ein erstes deutliches Ausrufezeichen gesetzt. Öffentlich ging die frühere Wissenschaftsministerin in Brandenburg und Niedersachsen auf Distanz zu ihrer Vorgängerin Annette Schavan, die wegen der Plagiatsaffäre am 9. Februar zurückgetreten war, und kündigte eine umfassende Reform des BAföG an. „Das BAföG geht heute teilweise an der Lebenswirklichkeit vorbei“, sagte Wanka. „Wir müssen das BAföG insgesamt auf den Prüfstand stellen.“
Nach Ansicht der 61-jährigen CDU-Politikerin wird die Studentenschaft immer unterschiedlicher. Neben dem regulären Studium gebe es verschiedene Formen wie Teilzeitstudium oder akademische Ausbildung für beruflich Qualifizierte, zudem immer öfter einen deutlich späteren Studienbeginn nach ersten Berufserfahrungen sowie lebenslanges Lernen. „Die Förderung muss weiter geöffnet werden“, so Wanka. Nach ihren Vorstellungen könnte es eine Reform bei den Altersgrenzen geben oder neue Regeln für das Teilzeitstudium. Mehr Geld für die Studentinnen und Studenten schloss sie dagegen aus.
Das 1971 von der damaligen sozialliberalen Koalition unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) eingeführte Bundesausbildungsförderungsgesetz regelt die staatliche Unterstützung für Schüler und Studenten. 2010 nahm die schwarz-gelbe Regierung unter Angela Merkel die letzte Reform vor, damals wurden die Altersgrenze auf 35 Jahre angehoben und die für Ehepartner geltenden Regelungen auch für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ausgeweitet, die Sätze wurden allerdings nur minimal erhöht, der Höchstsatz beläuft sich derzeit auf 670 Euro im Monat. Auch Wanka sieht wenig Spielraum für eine Erhöhung, da die Länder, die ein Drittel der Kosten tragen, der Reform zustimmen müssen – „und die finanziellen Möglichkeiten sind nicht in allen Ländern gleich“.
Die neue Bundesministerin, die in der Vergangenheit als Landesministerin die Interessen der Länder vertrat, kündigte an, bereits im April in der gemeinsamen Wissenschaftskonferenz das Thema BAföG-Reform auf die Tagesordnung zu setzen. Ihre Amtskolleginnen und -kollegen in den Ländern forderte sie auf, sich zur „Gemeinschaftsaufgabe BAföG“ zu bekennen und mögliche Verbesserungen mitzutragen.
Der Bildungsexperte der FDP, der badische Abgeordnete Patrick Meinhardt, begrüßte gegenüber unserer Zeitung den Vorstoß Wankas. Sie habe „die volle Unterstützung der FDP“. Allerdings erwarte er bei den Verhandlungen mit den Ländern auch eine Erhöhung sowohl der Freibeträge als auch der Bedarfssätze „um drei bis vier Prozent“.