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AUGSBURG
Walter Kohl und der Tod des Vaters
Von unserem Mitarbeiter Joachim Bomhard
 |  aktualisiert: 09.09.2017 03:11 Uhr

Er erfuhr vom Tod seines Vaters neun Stunden danach aus dem Autoradio, als er gerade völlig entspannt aus einem Kurbad im Taunus kam. Er durfte das Elternhaus nicht gemeinsam mit seinem Sohn und seiner Nichte betreten, damit die Enkel vom Großvater Abschied nehmen können: Hausverbot. Er war auch machtlos, als über ihn hinweg entschieden wurde, dass der Vater auf einem Friedhof in Speyer beerdigt werden sollte – und nicht in dem Grab in Ludwigshafen, wo dessen erste Frau Hannelore liegt und dessen Eltern, wo der jetzt gestorbene Vater entscheidend an der Auswahl des Grabsteins mitgewirkt hat.

Erstmals spricht Walter Kohl, 54, öffentlich über jene Tage im Juni, als Altkanzler Helmut Kohl starb und der jahrelang schwelende Familienkonflikt mit dessen zweiter Ehefrau Maike Richter-Kohl nochmals offen zum Vorschein kam. Zehn Wochen hat er sich Zeit gelassen, hat Dutzende von Interviewanfragen abgewiesen. Am späten Dienstagabend aber sitzt Walter Kohl spürbar entspannt, ja teilweise fröhlich und bewegt zugleich wirkend bei „Markus Lanz“ im ZDF-Studio und sagt: „Er ist tot. Und dieser Tod ist okay.“ Walter Kohl lässt durchklingen, dass er selbst die Öffentlichkeit gesucht hat im Einvernehmen mit seinem Bruder, seiner Frau und seinem Sohn.

Ja, es gehe ihm „wieder gut“, sagt er. Jetzt will Walter Kohl Klarheit schaffen, Fakten statt Spekulation. Er sucht die innere Distanz zu den Vorgängen rund um jenen 16. Juni, als Helmut Kohl starb. Für ihn ist unwichtig, wie man sich über gewisse Details empört oder erregt. Entscheidender sei es doch, wie man in zehn Jahren darüber denkt.

Natürlich wird er dennoch danach gefragt, wie das an diesem Freitag war. Er wusste von Bekannten vom kritischen Gesundheitszustand Helmut Kohls. Aber, so sagt er bei Lanz: „Ich wusste nichts in dem Sinne: Es geht dem Ende zu.“ Die Todesnachricht hat ihn also überrascht. Binnen Sekunden entscheidet er, persönlich vom Vater Abschied nehmen zu wollen. Knapp zwei Stunden später ist Kohl beim Elternhaus in Ludwigshafen-Oggersheim. Er weiß, dass es schwierig wird. Polizei stellt sich ihm in den Weg. Aber: „In manchen Situationen muss man einfach mal marschieren“, sagt Walter Kohl. Etwas, „das uns Papa mitgegeben hat“.

Am Haus angekommen öffnet ihm der ehemalige „Bild-Chefredakteur Kai Diekmann die Tür. Warum gerade er? Kohl: „Das müssen Sie ihn selbst fragen.“ Er geht durch die vertraute Eingangshalle ins Wohnzimmer, wo der Kanzler aufgebahrt liegt. Auf der anderen Seite des Bettes stehen die Witwe Maike Richter-Kohl und eine Reihe ihm unbekannter Personen. Walter Kohl, so erzählt er es, ergreift die Hand des Vaters und nimmt Abschied. Doch entscheidender ist für ihn zu spüren: „Es ist Frieden.“ Und noch etwas sagt er ihm: „Papa, wir sehen uns woanders wieder.“

Ein paar Tage später steht er mit seinem Sohn und seiner Nichte vor verschlossenen Türen. Sie hätten ein „Hausverbot“, was Kohl als „ziemlich kindisch“ bewertet; genauso wie den Vorwurf des Anwalts seines Vaters, Stephan Holthoff-Pförtner, einen Eklat inszeniert zu haben.

Inzwischen war Walter Kohl auch am Grab in Speyer. An den Trauerfeierlichkeiten haben er und seine Angehörigen ja nicht teilgenommen. Das sei keine Absage an den Vater gewesen, sondern an die Situation: „Ich mache diese Inszenierung nicht mit.“ Das videoüberwachte Grab ist von einem grünen Gartenzaun umgeben. „Ich finde es unwürdig in Bezug auf meinen Vater“, sagt er. „Ich finde es aber auch ehrlich in Bezug auf die Verhaltensweisen von Maike: Dieses Ausgrenzen, Abgrenzen, Kontrollieren. Das kommt sehr gut durch.“ Er selbst habe für sich entschieden: „So will ich auf keinen Fall sterben und beerdigt werden.“

 
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