Die Siegesfeiern begannen noch Mittwochnacht. Feuerwerke erhellten den Himmel über Kairos Tahrir-Platz. Als die ersten Hochrechnungen bekannt wurden, tanzten Anhänger Sisis freudig auf dem Platz, der wie kein anderer die Hoffnungen des Arabischen Frühlings symbolisiert. Der Mann, der vor einem Jahr Ägyptens ersten demokratisch gewählten Präsidenten gestürzt hatte, erhielt demnach die Stimmen von 23 Millionen Bürgern – mehr als 93 Prozent der Wähler. Fast doppelt so viele Menschen sollen für den ehemaligen General gestimmt haben als vor zwei Jahren für den Muslimbruder Muhammad Mursi. Doch die Freude über den Sieg und das klare Ergebnis scheinen verfrüht.
Nicht nur, weil die amtlich bekannt gegebene Wahlbeteiligung von rund 44 Prozent nur etwa halb so hoch war wie die 80 Prozent, die Sisi in einer Ansprache eingefordert hatte. Sondern vor allem, weil kaum jemand dem Endergebnis, das die Wahlbehörde am 5. Juni veröffentlichen will, noch Glauben schenken wird. Zwar war bereits im Vorfeld klar, dass kein demokratischer Wettkampf stattfinden würde. Die größte Oppositionsbewegung der Muslimbrüder wurde zur Terrororganisation erklärt. Zudem verfolgten die Behörden säkulare Oppositionelle. Mehr als 20 000 Regimegegner aller Couleur sollen sich hinter Gittern befinden. Die Presse wurde gleichgeschaltet und nur ein Gegenkandidat zugelassen, als internationales Feigenblatt.
Berichte über massive Wahlfälschung tauchten auf, die niemand mehr unabhängig bestreiten oder bestätigen kann. Die Wahl wurde zur Farce und brachte nur die Bestätigung, dass Ägypten zu den Methoden des entmachteten Diktators Husni Mubarak zurückgekehrt ist.