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WAHL-BLOG: Personenkult bei den Piraten
Von Rudi Wais
 |  aktualisiert: 29.08.2013 11:47 Uhr
Unter den hunderten von Mails, die jeden Tag die elektronischen Briefkästen von uns Korrespondenten verstopfen, ist mir eine in dieser Woche besonders aufgefallen. Anita Möllering, die Sprecherin der Piraten, hat eine Datei verschickt, in der sie die Spitzenkandidaten in den 16 Landesverbänden vorstellt. Bis dahin dachte ich, den Freibeutern der Politik sei jeder Personenkult so fremd wie einst den Grünen, die ihre ersten Abgeordneten aus Angst vor Machtmissbrauch und Ämterhäufung noch dazu zwangen, nach zwei Jahren wieder aus den Parlamenten zu rotieren. Bei den Kandidaten der Piraten dagegen könnte man glatt meinen, sie bewerben sich um eine Rolle in einer Vorabendserie von SAT 1 und nicht um ein Mandat im Bundestag. Die Hohepriester der reinen Lehre sind auf dem Boulevard gelandet.

Da ist, zum Beispiel, Susanne Wiest aus Mecklenburg-Vorpommern. Geboren in Dillingen an der Donau steigt "die große schlanke Frau mit den dichten, rotbraunen Korkenzieherlocken und den großen grünen Augen" nach der Wende aus, kauft einen alten Zirkuswagen und lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern sechs Jahre "ohne fließend Wasser und Strom" auf 18 Quadratmetern. Oder Bruno Kramm, der Spitzenkandidat aus Bayern, angeblich eine anerkannte Größe in der alternativen Musikszene: "Feuerrotes Haar, schwarzer Cowboyhut, schwarzer Anzug, dazu schwere Boots." Der polyglotte Franke, heißt es, "ist markant, impulsiv, fordernd." Sebastian Nerz dagegen, der in Baden-Württemberg auf Platz eins der Landesliste antritt: Das glatte Gegenteil! Der Naturwissenschaftler wird uns als "sachlicher, ruhiger Mensch" verkauft, "der Probleme gerne objektiv und faktenorientiert bewertet." In seiner Freizeit, das wissen wir jetzt auch, ist er häufig im Wald anzutreffen oder beim Tauchen - "auch unter Wasser."

Wie der nette Herr Nerz das mit dem Tauchen über Wasser macht, verrät uns der Pressedienst der Piraten leider nicht. Dafür ahnen wir allerdings schon, mit welcher Abgeordneten am wenigsten zu spaßen ist, falls die notorisch mit sich selbst beschäftigte Partei es wider Erwarten doch in den Bundestag schaffen sollte. Cornelia Otto aus Berlin ist nicht nur "jung attraktiv, klug, redegewandt - auf den ersten Blick also kein Nerd." Sie kann auch Kung Fu.

 
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