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WÜRZBURG
Währungsentwicklung: „Der Euro kam nicht ungelegen“
Währungsentwicklung Geld ist mehr als nur Mittel zum Bezahlen. Es trägt zur Identität eines Landes bei. Einblicke in die Geschichte unserer Moneten.
Sarah-Sophie Schmitt
Sara Sophie Fessner
 |  aktualisiert: 22.09.2014 20:08 Uhr

Von der ersten Mark bis zum Euro – in Deutschland hat sich Geld häufig verändert. Doch warum und wie lange uns der Euro erhalten bleiben wird, das erklärt Franz-Josef Eichhorn von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt.

Frage: Reichsmark, Mark und der Euro – warum wurden in Deutschland in wenigen Jahrzehnten mehrere neue Währungen eingeführt?

Franz-Josef Eichhorn: Die exorbitant hohe Staatsverschuldung durch die beiden Weltkriege waren Gründe für die zwei Währungsreformen. Zunächst bekämpfte der Staat diese Verschuldung durch Anwerfen der Notenpresse. Das zog eine Hyperinflation nach sich und erzwang letztlich die Einführung neuer Währungen. Das Wort „Währungsreform“ führt bei uns Deutschen zu traumatischen Erinnerungen, da das Geldvermögen der Bürger jeweils entwertet wurde: 1924 erfolgte die Umstellung von 1 Billion Mark auf 1 Reichsmark, 1948 von 10 Reichsmark auf 1 Deutsche Mark. Im Gegensatz dazu handelte es sich bei der Einführung des Euro nicht um eine Währungsreform, sondern um eine Währungsumstellung. Sämtliche DM-Geldbeträge wurden in Euro umgewandelt, die Kaufkraft beibehalten.

Denken wir etwa an die Einführung der DM, wird deutlich, dass eine Währung mehr ist als nur ein Zahlmittel.

Eichhorn: Gerade für die Kriegs- und Nachkriegsgeneration symbolisierte die Deutsche Mark nach dem verlorenen Krieg und den schwierigen Aufbaujahren nicht nur eine Währungseinheit, sondern den erfolgreichen Wiederaufbau und das deutsche Wirtschaftswunder. Die DM war ein Sinnbild für die starke Stellung der deutschen Wirtschaft und Industrie in der Welt getragen von der besonders auf Geldwertstabilität bedachten Deutschen Bundesbank. Eine identitätsstiftende Wirkung des Euro dadurch, dass alle das gleiche Geld haben, wurde aufgrund der Eurokrise – eine Kombination aus Staatsschulden-, Banken- und Wirtschaftskrise – wenn überhaupt, dann nur partiell erreicht.

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Der Euro wurde nicht in Krisenzeiten eingeführt, dennoch waren viele skeptisch.

Eichhorn: Umfragen zeigen, dass bei Einführung des Euros eine Mehrheit der Bürger dagegen war. Viele hatten Sorge, dass die Währung schwächer wird, wenn man sich einem Gebilde anschließt, in dem schwache Währungen sind.

Ein europäisches Wir-Gefühl hat es dabei nicht gegeben.

Eichhorn: Das liegt auch daran, dass der Euro zu früh eingeführt wurde. Wir hätten die Wirtschafts- und Sozialunion vorher richtig durchziehen müssen. Das hätte man gekonnt, wenn nicht die deutsche Wiedervereinigung dazwischen gekommen wäre. Allerdings trauern viele Leute einem Zustand nach, der zu Ende der DM-Zeiten nicht mehr bestanden hat. Nach der deutschen Währungsunion war die harte Deutsche Mark nicht mehr so hart. Insofern kam der Euro nicht ungelegen.

Ist eine neue Währung ein probates Mittel, um finanzpolitische Krisen zu bekämpfen?

Eichhorn: Die Einführung einer neuen Währung ist nur in absoluten Extremsituationen ratsam, beispielsweise konnte dadurch die Hyperinflation 1923 erfolgreich bekämpft werden. Eine weitere Extremsituation war nach 1945: Eine ständig wachsende Geldmenge in Kontrast zum sich verringernden Güterangebot führte zum Horten von Waren und einem illegalen Schwarzmarkt. Daraufhin wurde 1948 an einem Freitag die Währungsumstellung angekündigt, samstags waren die Geschäfte geschlossen, sonntags bekam jeder Bundesbürger 40 DM. Plötzlich füllten sich die Schaufenster mit Waren. Das geringe Kopfgeld führte zunächst zu einer Kaufzurückhaltung und steigender Arbeitslosigkeit.

Sind wir heute in einer Extremsituation?

Eichhorn: Zum jetzigen Zeitpunkt könnte die Einführung einer neuen Währung unabschätzbare wirtschaftliche, vor allem aber politische und soziale Negativentwicklungen heraufbeschwören. Vielmehr ist es ratsam, die Konstruktionsfehler des Euro auszumerzen. Normalerweise wird eine (gemeinsame) Währung erst eingeführt, nachdem eine Fiskal- und Wirtschaftsunion errichtet worden ist und nicht umgekehrt wie beim Euro. Das wird kein leichter Weg werden, aber er ist alternativlos.

Wirtschaftliche Krisen lassen sich auch heute nicht leugnen. Warum wird eine Währungsreform nicht ernsthaft debattiert?

Eichhorn: Eine öffentlich von unserer Regierung geführte Debatte birgt das Risiko eines sofortigen Vertrauensverlustes in unsere Währung mit den negativen Folgen Kapitalflucht, Flucht in die Sachwerte, und das wird keiner unserer maßgeblichen Politiker wollen. Vielmehr geht es darum, etwaige Unsicherheiten in der Bevölkerung gar nicht erst entstehen zu lassen beziehungsweise diesen frühzeitig entgegenzuwirken.

Wie lange bleibt der Euro?

Eichhorn: Ich glaube, dass der Euro uns hoffentlich lange erhalten bleiben wird. Eine Abschaffung hätte unabsehbare wirtschaftliche, vor allem aber politische und soziale Auswirkungen. Niemand unserer Entscheidungsträger wird das ernsthaft wollen. Eine Auflösung des Euro könnte unter anderem den Rückfall in die Kleinstaaterei und das Entstehen von Machtblöcken wie vor den beiden Weltkriegen bedeuten. Deshalb sollte sich jeder Eurokritiker nicht nur auf wirtschaftliche Argumente beschränken, sondern den unschätzbaren Wert des geeinten Europa nicht aus den Augen verlieren. Die Idee der europäischen Einigung darf nicht ausschließlich ökonomischen Überlegungen geopfert werden!

Franz-Josef Eichhorn

Der Professor studierte Wirtschaftswissenschaften an der FH Coburg, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und der Freien Universität Berlin. Er promovierte zum Thema Investment Banking. Nach einem Traineeprogramm bei der Bayerischen Landesbank betreute er im Investment Banking institutionelle Anleger. Es folgte der Ruf an die FH Würzburg-Schweinfurt. FOTO: Privat

 
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