„Fleisch = Mord“ steht auf manchen Schaufenstern gesprüht. Oder „Stopp den Speziesismus“, womit die Diskriminierung von Tieren gemeint ist, welche dem Menschen als untergeordnet gelten. Metzgereien oder die Gehwege davor sind mit blutroter Farbe beschmiert, deren Schaufenster mit Steinen beworfen oder ganz eingeschlagen.
Weil sich gewalttätige Akte wie diese, für die militante Veganer verantwortlich gemacht werden, in Frankreich zuletzt häuften, schlägt die Berufsvereinigung der Metzger und Fleischer (CFBCT) die Alarmglocke: Nachdem sie in der vergangenen Woche in einem offenen Brief an den französischen Innenminister Gérard Collomb Polizeischutz und härtere Strafverfolgung der Täter gefordert hatte, wurden ihre Vertreter nun im Innenministerium empfangen.
Ein Klima der Gewalt
Die Angriffe auf verschiedene Geschäfte von Metzgern, Fleischern und auch eines Fischverkäufers ereigneten sich unter anderem in Lille, Angers oder dem Örtchen Jouy-en-Josas im Süden von Paris. Rund 100 Läden im ganzen Land sollen inzwischen betroffen sein. Agieren die Täter zwar anonym, so verorten sie die Metzger doch im Bereich radikalisierter Tierschützer.
Die Taten seien ebenso wenig akzeptabel wie die Erklärung einer Aktivistin in einer französischen Radiosendung, das Zerstören von Schaufenstervitrinen sei „ein bürgerlicher Akt“, sagte CFBCT-Präsident Jean-François Guihard: „Unser Geschäft ist unser Leben. Meist leben wir darüber oder daneben. Wir verbringen dort viele Stunden. Über die materiellen Schäden hinaus ist der immaterielle Schaden enorm.“ In den 31 Jahren, die er seinen Beruf ausübe, habe er nie ein derartiges „Klima der Gewalt“ seinem Berufsstand gegenüber erlebt, so Guihard.
Insgesamt stellten 18 000 Metzgereien und Fleischereien im ganzen Land 80 000 Jobs sicher. Es könne nicht angehen, dass eine Minderheit von 200 000 Veganern in Frankreich der großen Mehrheit der Fleischesser „ihre Lebensweise, um nicht zu sagen Ideologie“ aufzwänge.
Extremistische Aktivisten
Er befürchte, dass irgendwann ein Kollege, dessen Geschäft zum wiederholten Male angegriffen wurde, selbst gewalttätig werden könnte, warnt Guihard und ergänzt: „Jemand, dessen Schaufenster zweimal zerschlagen wurde, wird beim dritten Mal die notwendigen Maßnahmen treffen.“
Im März war eine Frau wegen Verherrlichung des Terrorismus zu einer Bewährungsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Nach der Ermordung eines Metzgers in einem Supermarkt im südfranzösischen Trebes bei einem Anschlag, zu dem sich die Terrororganisation „Islamischer Staat“ bekannte, hatte sie in den Sozialen Netzwerken geschrieben, sie schockiere es nicht, dass „ein Mörder von einem Terroristen getötet wird“: Sie habe kein Mitleid, sondern halte das für gerecht.
Vereinigungen von Veganern und Tierschützern distanzieren sich von solchen Aussagen wie auch von der Gewalt und wehren sich gegen den pauschalen Vorwurf, mit extremistischen Aktivisten in eine Schublade gesteckt zu werden. „Das Vorgehen dieser Gruppierungen passt nicht zu unseren Aktionsweisen“, sagt Brigitte Gothiere, Gründerin der Tierschutzvereinigung L214, die bekannt ist für die Veröffentlichung schockierender Videos aus Schlachtereien.
Aber sie weise auch darauf hin, dass jedes Jahr drei Millionen Tiere in Frankreich in Schlachthöfen getötet würden: Dieses „System intensiver Aufzucht, das Misshandlung von Tieren begünstige“, klage sie an, so die Tierschützerin – und zwar auf friedliche Art und Weise.