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BERLIN
Vorratsdatenspeicherung kann kommen
Netzausbau - Internet       -  Unerlässlich für Datenspeicherung: Ein Verteilerpunkt, in dem zahlreiche Glasfaserkabel zusammenlaufen.
Foto: Daniel Reinhard, dpa | Unerlässlich für Datenspeicherung: Ein Verteilerpunkt, in dem zahlreiche Glasfaserkabel zusammenlaufen.
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 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:03 Uhr

Die Innen- und Rechtsexperten der Union sind sich sicher: Das von der Großen Koalition geplante Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung steht auf dem Boden des Grundgesetzes und wird nicht noch einmal als verfassungswidrig verworfen. „Ich bin überzeugt, dass das Gesetz sowohl vor dem Bundesverfassungsgericht als auch vor dem Europäischen Gerichtshof standhält“, sagt der zuständige Berichterstatter der Unionsfraktion, der CSU-Abgeordnete Volker Ullrich (Augsburg-Stadt).

Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) hätten einen „sehr grundrechtssensiblen Entwurf“ vorgelegt, „der die Freiheit der Bürger wahrt, weil er für ein Mindestmaß an Sicherheit sorgt“. Er bleibe sogar deutlich hinter den Vorgaben des Verfassungsgerichts zurück, das in seinem Urteil am 2. März 2010 zwar das Gesetz der ersten Großen Koalition aus dem Jahre 2007 für nichtig erklärt, gleichwohl die anlasslose und verdachtsunabhängige Speicherung von Verbindungsdaten nicht grundsätzlich als mit dem Grundgesetz unvereinbar bezeichnet hatte.

Am Freitag beschäftigt sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Er sieht vor, dass die Telekommunikationsunternehmen die sogenannten Verkehrsdaten wie Telefon- oder Handy-Nummern, E-Mail-Adressen oder IP-Adressen von Computern maximal zehn Wochen speichern müssen, die Standortdaten lediglich vier Wochen. Zugriff auf die Daten erhalten die Ermittlungsbehörden nur in Fällen von schwerer Kriminalität, zudem ist in jedem Einzelfall ein richterlicher Beschluss notwendig. Betroffene sollen im Regelfall vorab informiert werden.

„Damit stellen wir in einem engen Rahmen den Sicherheitsbehörden ein Instrumentarium zur Verfügung, das zur Aufklärung schwerer und schwerster Delikte benötigt wird“, sagt Ullrich. Dies würden im Übrigen auch die Innenminister der SPD in den Ländern so sehen, die sich schon seit langem für die Vorratsdatenspeicherung aussprechen.

Die Einwände der Kritiker und Gegner, damit werde einem Überwachungsstaat Tür und Tor geöffnet, weist der Rechtsexperte der Unionsfraktion entschieden zurück. „Es findet keine Überwachung der Bürger statt.“ Der Staat und seine Behörden hätten weder einen direkten Zugriff auf die Daten noch könnten sie diese auswerten, erst recht würden keine Inhalte gespeichert und gesammelt. Aber es könne nicht sein, dass im Augenblick jedes Telekommunikationsunternehmen selber entscheide, wie lange es die Verkehrsdaten speichere, nach welchem Zeitraum es diese lösche und dass es vom Zufall abhänge, ob bei einer schweren Straftat auf die Daten zurückgegriffen werden könne. „Der Rechtsstaat kann Ermittlungsmethoden nicht vom Zufall abhängig machen.“ Ziel sei es, die „digitale Spurensicherung“ auf eine tragfähige gesetzliche Basis zu stellen.

Die ursprünglichen Pläne der Koalition, das Gesetz noch vor der Sommerpause zu verabschieden, sind nach Angaben von Volker Ullrich vom Tisch. Es müsse in jedem Fall ein Notifizierungsverfahren bei der EU-Kommission eingeleitet werden, das etwa drei Monate dauere. (Gemäß der Richtlinie 98/34/EG müssen die Mitgliedstaaten die Kommission über jeden Entwurf einer technischen Vorschrift vor deren Erlass unterrichten). Die Verabschiedung des Gesetzes werde daher erst im Herbst stattfinden. Die Internet-Wirtschaft hatte erst am Montag der Regierung vorgeworfen, das Gesetz „im Eiltempo“ durch den Bundestag peitschen zu wollen – „ohne öffentliche Diskussion und ohne Anhörung von Sachverständigen“. Damit, so der Vorwurf von „Eco“, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft, würden Kritiker bewusst ausgesperrt und eine politische Grundsatzdebatte verhindert. Ullrich wies gegenüber dieser Redaktion den Vorwurf zurück. „Die Debatte ist nicht neu, die Argumente werden seit bald einem Jahrzehnt ausgetauscht.“

 
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