Ein neuer HIV-Test für den Hausgebrauch steht schon ab Oktober in amerikanischen Apotheken und Supermärkten. Der unkomplizierte Test soll dabei helfen, dass sich mehr US-Bürger auf das gefährliche Virus testen und sich frühzeitig behandeln lassen. Vor wenigen Wochen erst hat die Arzneimittelbehörde der USA das Produkt genehmigt.
In Deutschland ist der Verkauf solcher Heimtests verboten – und das aus gutem Grund, findet Michael Koch, Leiter der Aids-Beratungsstelle in Unterfranken: „Die Tests sind an sich gut, aber nur, wenn sie unter Laborbedingungen durchgeführt werden.“ Das Risiko einer Fehldiagnose sei bei einer Anwendung in den eigenen vier Wänden viel zu hoch. Auch die Deutsche Aids-Hilfe und das Robert-Koch-Institut warnen vor einer Bestellung im Internet, weil die Tests keine hundertprozentige Gewissheit geben können und die anschließende ärztliche Beratung fehle. Die US-Behörden hingegen setzen darauf, dass die Hemmschwelle für einen Test sinkt, weil mit ihnen der Gang zum Arzt oder zum Gesundheitsamt entfällt. Somit ließen sich Diagnosen mitunter früher stellen.
Tatsächlich spielt die Früherkennung des HI-Virus eine wichtige Rolle. „Dann können die Betroffenen rechtzeitig mit der Therapie beginnen“, erklärt Dr. Johann Löw, Leiter des Würzburger Gesundheitsamtes. Auch wenn HIV immer noch nicht heilbar ist, erhöhe das die Chance auf einen gelingenden Therapieverlauf.
Im Landratsamt Würzburg kann sich jeder ohne vorherige Terminvereinbarung anonym und kostenlos auf das Virus testen lassen. Nach einem Vorgespräch erfolgt die Blutprobe. Das Ergebnis gibt es eine Woche später, ebenfalls im persönlichen Gespräch. 2011 führte das Würzburger Gesundheitsamt 1203 solche Untersuchungen durch. Alternativ bieten auch Hausärzte und Labors einen HIV-Test an. Diese sind allerdings kostenpflichtig. „Gleichzeitig dient die frühzeitige Diagnose auch der Prävention“, so Löw. „Denn die Betroffenen kennen nun ihren HIV-Status und können dementsprechend andere beim Geschlechtsverkehr schützen.“
Prävention steht heuer auch auf der Agenda der Welt-Aids-Konferenz in Washington, die am Sonntag begonnen hat. Zum Auftakt der sechstägigen Veranstaltung zeigten sich die 25 000 Teilnehmer zuversichtlich – auch angesichts der weltweit rückläufigen Zahl der Neuinfektionen.
So wurde in Deutschland 2011 der erste Rückgang an Neudiagnosen seit zehn Jahren verzeichnet. Im vergangenen Jahr wurden 2889 Infizierungen diagnostiziert – laut Robert-Koch-Institut ein geringfügiger Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (2939).
Für Bayern kann Michael Koch von der Aids-Beratung Unterfranken den Trend nicht bestätigen: Die Zahl der positiven HIV-Tests 2011 ist abermals gestiegen und mit 400 auf dem höchsten Stand seit fünf Jahren. In Unterfranken wurde im vergangenen Jahr bei 26 Patienten das HI-Virus diagnostiziert. „Die Zahl ist allerdings zu klein, um irgendeinen Trend ablesen zu können“, sagt Koch. Der unterfränkische Wert schwankte in den vergangenen zehn Jahren zwischen 18 HIV-Neudiagnosen 2010 und 34 im Jahr 2008.
Das wichtigste Instrument zur HIV-Bekämpfung ist für die Aids-Beratungsstelle weiterhin die Prävention. Die Fortschritte in der Forschung und vor allem deren Verbreitung in der Öffentlichkeit seien wichtig, sagt Koch. „Einige sind noch auf dem Wissensstand der ersten Jahre der Aidsforschung. Sie haben Angst.“ Und das sei aus psychologischer Sicht schlecht. „Jemand der Angst hat, tendiert dazu, den Kopf in den Sand zu stecken“, erklärt der Psychologe. So komme es dazu, dass sie sich nicht informierten und dann aus Unwissenheit infizierten.
Info: Acquired Immune Deficiency Syndrome (Aids)
Die Immunschwächekrankheit Aids wird durch das HI-Virus ausgelöst. Sie wurde erstmals 1981 von einem Arzt diagnostiziert. Der Erreger wird übertragen durch ungeschützten Geschlechtsverkehr, verunreinigte Injektionsnadeln und verseuchte Blutkonserven. Häufig stecken auch HIV-positive Schwangere ihre ungeborenen Kinder an. Nach einer Ansteckung befällt das Virus menschliche Abwehrzellen. Ohne Behandlung bricht das Immunsystem zusammen, oft erst nach mehreren Jahren. Es folgt die tödliche Aids-Krankheit.
Seit 1996 sind antiretrovirale Medikamente auf dem Markt. Sie hemmen die Vermehrung der Viren, der Körper kann wieder mehr Abwehrzellen produzieren. So können die Medikamente das Leben der Infizierten um Jahrzehnte verlängern. Weil Resistenzen auftreten, müssen immer neuere Medikamente eingesetzt werden. Text: epd