Es kommt nicht oft vor, dass zwei Minister zusammen im Verteidigungsausschuss des Bundestags vorsprechen. Am Mittwoch ist es mal wieder so weit. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihr Vorgänger Thomas de Maiziere betreten am Nachmittag gemeinsam den Sitzungssaal, vor dem sich ein paar Dutzend Journalisten postiert haben. Die Botschaft ist klar: Seht her, zwischen uns ist alles in Ordnung. Wir halten zusammen.
De Maiziere – Spitzname „Büroklammer“ – hat vier dicke, blaue Aktenmappen mitgebracht und blickt ernst. Von der Leyen strahlt in die Runde. Die beiden sind angetreten, um in einer Sondersitzung zum Sturmgewehr G36 Rede und Antwort zu stehen. Die Affäre um die Treffsicherheit der Standardwaffe der Bundeswehr hat in der Amtszeit de Maizieres begonnen. Erste Hinweise auf Präzisionsprobleme wurden im März 2012 öffentlich bekannt. Bis zu seinem Auszug aus dem Bendlerblock im Dezember 2013 passierte kaum etwas – außer Untersuchungen.
„Gezielte Kampagne“
Erst drei Jahre später folgte die Reaktion – von de Maizieres Nachfolgerin von der Leyen. Nach weiteren Tests verkündete sie, dass 167 000 Gewehre ausgemustert oder nachgerüstet werden müssen. Die Entscheidung wurde auch als Ohrfeige für de Maiziere gewertet. Der hatte noch zum Ende seiner Amtszeit die Qualität des G36 gelobt und anderslautende Medienberichte als gezielte Kampagne diskreditieren lassen. Noch zwei Tage vor der Bundestagswahl 2013 gab seine Pressestelle eine Mitteilung heraus, in der dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“ die gezielte „Verunsicherung der Angehörigen und Freunde der Soldatinnen und Soldaten“ durch Negativberichterstattung über das G36 vorgeworfen wurde.
Das alles scheint von der Leyen nach ihrem Auftritt mit de Maiziere nicht mehr zu interessieren. An diesem Tag geht es ihr um Parteiräson: Zwei CDU-Minister müssen zumindest öffentlich zusammenhalten.
„Wir haben beide dieselbe Sicht auf die Dinge“, beteuert von der Leyen. Und für diejenigen, die die Botschaft noch immer nicht verstanden haben, fügt sie hinzu: „Ich bin dankbar, dass Thomas de Maiziere notwendige Untersuchungen auf den Weg gebracht hat.“ De Maiziere sagt lediglich, dass nach dem Erkenntnisstand bis Ende 2013 das G36 ein gutes Gewehr gewesen sei. „Das war das Lagebild zum Ende meiner Amtszeit. Zu der Zeit danach werde ich mich nicht äußern.“
Pflicht als Parteisoldatin
Die Aussagen der beiden Minister werfen viele Fragen auf. Die lassen sie aber nicht zu. Zusammen verlassen sie nach ihren kurzen Stellungnahmen die Medienbühne.
Von der Leyen hat ihre Pflicht als Parteisoldatin getan. Sie hat Amtshilfe für einen Kabinettskollegen geleistet, der auch in der NSA-Affäre unter Druck steht.
Ganz uneigennützig war von der Leyens Auftritt aber auch nicht. Ihr wurde in der G36-Affäre immer wieder vorgeworfen, sie versuche einen Konkurrenten um die Nachfolge von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auszuschalten. Solche Spekulationen schaden am meisten ihr selbst. Insofern kann auch sie von der Verbrüderungsszene für die Kameras profitieren.