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GLADBACH
Vom Mut eines Politikers aus Leidenschaft
Hat Pläne für 2013: Wolfgang Bosbach will trotz einer Krebserkrankung wieder in den Bundestag.
Foto: dpa | Hat Pläne für 2013: Wolfgang Bosbach will trotz einer Krebserkrankung wieder in den Bundestag.
Von den dpa-Korrespondenten Y. Wahl-Immel und C. Jacke
 |  aktualisiert: 03.12.2012 19:33 Uhr

Seine Leidenschaft gehört der Politik. Der Innenexperte Wolfgang Bosbach ist seit 40 Jahren in der CDU, sitzt seit 18 Jahren im Bundestag, war lange stellvertretender Fraktionschef und gehört zu den bekanntesten Gesichtern der deutschen Politik. Der 60-Jährige hat sich bewahrt, was manchem Kollegen fehlt: Tuchfühlung mit dem Bürger.

„Ich bin bei Tausenden Bürgerveranstaltungen jedes Jahr, führe unzählige Gespräche. Mich erreichen pro Jahr über zehntausend Zuschriften, die auch alle beantwortet werden“, erzählt Bosbach in seiner Heimatstadt Bergisch Gladbach bei Köln. Die CDU werde 2013 dank einer „unprätenziösen Fleißarbeit von Angela Merkel“ bei der Bundestagswahl gut abschneiden, glaubt er.

„Es ginge mir doch auch nicht besser, wenn ich weniger arbeiten würde.“

Wolfgang Bosbach über seine Krebserkrankung

Seine persönliche Prognose ist hingegen schlecht. Bosbach hat Prostatakrebs, Knochenmetastasen in Wirbelsäule und Becken – und vermutlich nicht mehr viel Zeit. Nach reiflicher Überlegung tritt er trotzdem wieder als Kandidat zur Bundestagswahl an. „Es ginge mir doch auch nicht besser, wenn ich jetzt weniger arbeiten würde.“ Politik sei für ihn auch ein „Jungbrunnen“. Bosbach sieht sich auch nach der bitteren Diagnose gefordert. Die Herkulesaufgabe Eurorettung stehe an, die Energiewende müsse konsequent umgesetzt werden. „Vor allem möchte ich dazu beitragen, dass Deutschland ein sicheres Land bleibt.“

Die „kleinen Leute“ hat der frühere Supermarktleiter und Anwalt nicht aus dem Auge verloren. „Das sind die Helden des Alltags. Die, die morgens um 6 Uhr auf den Wecker hauen, um 7 Uhr zur Arbeit fahren, die acht, neun, zehn, zwölf Stunden arbeiten, abends müde nach Hause kommen und brav ihre Steuern zahlen.“ Bosbach rät seiner Partei vor ihrem Bundesparteitag in Hannover in dieser Woche auch mit Blick auf die Wahl im September 2013: „Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir auch die Partei der kleinen Leute sind. Nicht nur, weil sie die Mehrzahl in der Bevölkerung darstellen, sondern, weil wir auch für Wachstum und Wohlstand auf diese Menschen angewiesen sind.“

Bosbach ist seit 2009 Vorsitzender des Bundestags-Innenausschusses und hatte einst auch Ministerambitionen. „Ich hätte mich gefreut, wenn ich 2005 Innenminister geworden wäre. Ich bin es nicht geworden, und damit ist das Thema erledigt.“ Früher habe er sich schon mal schnell aufgeregt. „Heute sage ich mir: Junge, eigentlich hast du ganz andere Sorgen.“ Er habe etwas Distanz gewonnen – und zugleich seinen Optimismus nicht verloren. Trotz aller Tiefschläge, denn Bosbach leidet auch an Gicht und einer schweren Herzkrankheit.

Zu den obersten Prinzipien des Berlin-Rheinland-Pendlers zählt: Die Politik muss ihre Versprechen halten. Zum Beispiel bei der Energie. „Wir haben den Menschen eine saubere, die Umwelt nicht belastende Energieversorgung zu einem bezahlbaren Preis versprochen, und dabei muss es auch bleiben. Denn der Energiepreis von heute ist der Brotpreis von früher.“ Und er findet, die Politik müsse mehr erklären: „Wir haben ein hohes Maß an Politiker-Verdrossenheit und an Parteien-Verdrossenheit. Das rührt auch daher, dass wir politische Entscheidungen zu oft verkünden und zu wenig begründen“, meint Bosbach.

Auf den Euro und die Milliardenhilfe für Griechenland gemünzt, sagt der CDU-Politiker: „Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, ob der jetzt eingeschlagene Weg zum Ziel führt oder nicht. Und die Menschen sind skeptisch, dass das Geld – jedenfalls zu einem großen Teil – verloren sein könnte. Diese Skepsis teile ich.“

Der sonst stets loyale Wolfgang Bosbach hatte 2011 gegen seine Fraktion gestimmt – und den erweiterten Euro-Rettungsschirm abgelehnt. „Ich bin alles andere als ein Querulant“, betont er. Aber „ich kann nicht immer höhere Risiken für unser Land und die nachfolgenden Generationen mittragen. Es darf nicht wieder und wieder neue Rettungspakete für Griechenland geben.“

Seiner CDU traut Bosbach „durchaus 40 Prozent, vielleicht sogar mehr“ zu. Er selbst will sich 2013 mehr auf seinen Wahlkreis konzentrieren. Die unterhaltsam-humorvollen Reden des dreifachen Familienvaters sind im Bergischen sehr gefragt. „Das ist ein schönes Gefühl, wenn man weiß, dass man auch über Parteigrenzen hinweg Vertrauen genießt, und das Vertrauen möchte ich auch gerne rechtfertigen.“ Und deshalb will er weiter Gas geben.

„Natürlich weiß ich, dass die Zeit, die bleibt, begrenzt ist. Aber ich will sie dann eben so gut wie möglich nutzen. Ich liebe das Leben.“

Der CDU-Parteitag

Mehr als 1000 Anträge und Vorschläge liegen der CDU bei ihrem Bundesparteitag in Hannover vor, der zwei Tage dauert. Oftmals empfiehlt die Antragskommission die Überweisung an Fachgremien der Partei, die Bundestagsfraktion oder die Regierung. Damit können Konflikte – zumindest auf dem Parteitag – verhindert werden. Häufig sind sie damit aber nur aufgeschoben. Die meisten Anträge sind Änderungsanträge zum Leitantrag des Bundesvorstands „Starkes Deutschland. Chancen für alle!“. Davon hat die Antragskommission mehr als die Hälfte zur Annahme empfohlen. Zu den übrigen Anträgen gehören unter anderem folgende: Kindererziehungszeiten: Die Bundesregierung soll nach dem Willen der Frauen-Union einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem Rentner von 2014 an für Erziehungszeiten für mehrere Kinder vor 1992 in der gesetzlichen Rentenversicherung bessergestellt werden.

Zuschussrente: Die CDU soll, so fordert die Senioren-Union, die Zielsetzung der Zuschussrente von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen unterstützen.

 
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