Im November war die Welt für Volker Beck noch in Ordnung. Für seinen großen Einsatz für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland und seinen couragierten Kampf gegen jede Form von Antisemitismus verlieh ihm der Zentralrat der Juden den renommierten Leo-Baeck-Preis.
Seitdem findet sich der Name des 55-jährigen Grünen in einer Reihe mit denen der früheren Bundespräsidenten Roman Herzog und Richard von Weizsäcker, dem des Sozialdemokraten Hans-Jochen Vogel oder dem des Industriekapitäns Berthold Beitz – alles Preisträger, die für viele Menschen zu Vorbildern geworden sind.
0,6 Gramm einer betäubungsmittelsuspekten Substanz
Seit gestern steht der Name Volker Beck für ziemlich genau das Gegenteil. Wie die Berliner Polizei inzwischen bestätigt hat, wurde der Bundestagsabgeordnete bereits am späten Dienstagabend bei einer Kontrolle mit 0,6 Gramm einer „betäubungsmittelsuspekten Substanz“ erwischt. Auf gut Deutsch: mit Drogen.
Nach Informationen der „Bild“-Zeitung soll es sich dabei um Crystal Meth handeln, eine künstlich hergestellte Partydroge, die schnell aufputscht, der aber auch eine besonders zerstörerische Kraft nachgesagt wird. Sie lässt sich schnupfen, spritzen oder rauchen, sie zerstört binnen kürzester Zeit Körper und Geist und kann unter anderem zu Depressionen, Hirnblutungen und Herzversagen führen.
Untersuchungen im Labor
Ob es sich bei dem Fund tatsächlich um die vielleicht härteste Droge der Welt handelt, müssen die Untersuchungen im Labor erst noch zeigen. Beck selbst, der als Verfechter einer liberaleren Drogenpolitik gilt, will sich zu den Vorwürfen nicht offiziell äußern und hat lediglich eine Erklärung seines Anwalts gegenüber der Berliner Staatsanwaltschaft angekündigt. Auf Facebook schrieb er überdies: „Meinen Freunden und Unterstützern danke ich für ihr Verständnis und schon jetzt für ihre Unterstützung.“
- Winfried Kretschmann kritisiert Beck wegen den Drogenvorwürfen
Sein Mandat als Bundestagsabgeordneter will Beck offenbar behalten, seine anderen Ämter als innen- und religionspolitischer Sprecher der Fraktion und als Vorsitzender der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe hat er bereits zur Verfügung gestellt. Seinen Posten als Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion hatte der gebürtige Stuttgarter 2013 nach elf Jahren im Amt aufgegeben und damit die Konsequenzen aus der Pädophilie-Debatte gezogen, in der er seine eigene Rolle lange heruntergespielt hatte.
In einem Text, von dem er sich später distanzierte, hatte Beck 1988 für die teilweise Entkriminalisierung von Sexualkontakten mit Jugendlichen plädiert. Im Bundestag sitzt er seit 1994. Den Grünen, zu deren linkem Flügel er sich zählt, trat er 1985 bei.
Nach allem, was bisher an Informationen durchgesickert ist, war Beck am Dienstag gegen 23 Uhr zu Fuß unterwegs, als er am Nollendorfplatz im Bezirk Schöneberg in eine Polizeikontrolle geriet – einem bekannten Treffpunkt der Berliner Schwulen- und Drogenszene. Kooperativ sei er gewesen, heißt es, und nach der Feststellung seiner Personalien schnell wieder freigelassen worden.
Beck sei ein "regelrechter Workaholic"
Parteifreunde beschreiben ihn als regelrechten Workaholic, der nicht nur wegen der Pädophilie-Diskussion schwere Zeiten hinter sich und möglicherweise auch noch vor sich habe: Vor einigen Jahren starb sein langjähriger Lebensgefährte, und auch im Kampf um einen aussichtsreichen Listenplatz für die nächste Bundestagswahl stehen Beck offenbar harte Monate mit starken Gegenkandidaten bevor. Dass sich jemand, der so unter Druck stehe, in Drogen flüchte, sagt ein Kollege aus der Grünen-Fraktion, könne man verstehen. „Entschuldigen kann man es nicht.“
In einem ähnlichen Fall hatte der frühere SPD-Innenexperte Michael Hartmann vor zwei Jahren eingeräumt, in geringen Mengen Crystal Meth gekauft und konsumiert zu haben. Auch er trat damals als innenpolitischer Sprecher seiner Fraktion zurück, blieb aber Abgeordneter. Im September 2014 wurden die Ermittlungen gegen Zahlung einer Geldstrafe eingestellt.