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München
„Versöhnungsgesetz“ für die Bauern
Staatsregierung stimmt dem Volksbegehren zum Artenschutz formell zu, will aber zeitgleich
die größten Härten für die Landwirtschaft mildern. Naturschützer fordern eine andere Agrarpolitik.
Die Mähvorschrift aus dem Volksbegehren könnte in Bayern abgemildert werden.
Foto: Arne Dedert, dpa
| Die Mähvorschrift aus dem Volksbegehren könnte in Bayern abgemildert werden.
Uli Bachmeier
Uli Bachmeier
 |  aktualisiert: 19.04.2019 02:13 Uhr

Die Staatsregierung hat sich nun auch formell hinter das Volksbegehren „Rettet die Bienen!“ gestellt und dem Landtag empfohlen, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen und in vier Punkten zu ergänzen, um „unbeabsichtigte Härten“ für betroffene Landwirte zu vermeiden. Nach der Sitzung des Kabinetts kündigten Ministerpräsident Markus Söder, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (beide CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) zudem an, „ein großes Gesamtpaket für mehr Ökologie und eine starke Landwirtschaft“ zu verwirklichen.
Die Debatte um einen verbesserten Artenschutz aber geht weiter. Der Bund Naturschutz (BN) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) fordern eine grundsätzliche Umkehr in der Agrarpolitik der Europäischen Union.

Die AbL-Vorsitzende Gertraud Angerpointer und der BN-Landesvorsitzende Richard Mergner hatten sich am Dienstag schon vor der Pressekonferenz der Staatsregierung zu Wort gemeldet, um zu zeigen, dass für sie der Erfolg des Volksbegehrens nur ein erster Schritt ist, um Ökologie und Landwirtschaft zu versöhnen. Damit dies auf Dauer gelinge, müsse die „Agrarpolitik des Wachsens oder Weichens“ beendet werden. Andernfalls werde weder das Artensterben noch das Höfesterben gestoppt werden können.

Allein in den vergangenen acht Jahren, so Mergner, hätten in Bayern 14 000 Landwirte ihren Betrieb aufgeben müssen. Ohne eine Umkehr in der Agrarpolitik sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Betriebe in den kommenden zehn Jahren von 100 000 auf 50 000 zurückgehe. „Das wäre ein fürchterlicher Aderlass.“ Verhindert werden könne dies nur durch eine Änderung in der Agrarförderung. Sie müsse, so Angerpointner, „sowohl die Arbeitsleistungen der Bäuerinnen und Bauern, als auch ihre Leistungen für die Umwelt und das Tierwohl“ berücksichtigen.

„Wir werden mit Brüssel hart diskutieren.“
Michaela Kaniber, Landwirtschaftsministerin

Söder und Kaniber zeigten sich am Dienstag wenig erfreut über diese weitergehenden Forderungen. Der Freistaat, so Söder, verdoppele und verdreifache seine Bemühungen um den Artenschutz. „Das sollte man an so einem Tag auch einmal anerkennen“, sagte der Ministerpräsident und versprach: „Bayern wird das Land werden, das den stärksten Ausgleich zwischen Landwirtschaft und Ökologie schafft.“ Kaniber wies darauf hin, dass die Verhandlungen in der EU über die neue Förderperiode erst am Anfang sind und versprach: „Wir werden mit Brüssel hart diskutieren.“

Bei der Umsetzung des Volksbegehrens, so kündigten Söder und Kaniber an, will die Staatsregierung den Landwirten zum einen in den Ausführungsbestimmungen, zum anderen mit Ausgleichszahlungen entgegenkommen. Fünf Meter Gewässerrandstreifen, so Kaniber, könnten etwa über die Wasserrahmenrichtlinie gefördert werden. Außerdem sollen die Mittel für den Vertragsnaturschutz aufgestockt werden. „Ich bin überzeugt, dass wir es möglich machen werden, der Landwirtschaft wieder den Stellenwert zu geben, den sie verdient“, sagte Kaniber. Ihr sei es wichtig gewesen, zeitgleich mit dem Volksbegehren ein „Versöhnungsgesetz zu verabschieden“.

Über Details ihrer Umsetzungsvorschläge hielt sich die Staatsregierung noch bedeckt. Nach Informationen dieser Redaktion aber sollen einige heikle Punkte aus dem Volksbegehren abgemildert werden. Die Vorschrift zum Beispiel, dass das Mähen auf zehn Prozent der Grünlandfläche vor dem 15. Juni verboten wird, soll eine „bayernweite Zielvorgabe“ sein und nicht für den einzelnen Landwirt gelten. Der Zeitpunkt, ab dem es verboten ist, eine Wiese zu walzen, soll dort, wo es die Witterung fordert, flexibler gehandhabt werden können. Bei der Auswahl und Beschaffung der Flächen für den Biotopverbund will die Staatsregierung größere Flexibilität garantieren. Und für Streuobstwiesen, die als Biotope gesetzlich geschützt werden, soll es einen finanziellen Ausgleich geben.

 
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