Aus der angestrebten Versöhnung zwischen den USA und Mexiko wird vorerst wohl nichts: Unmittelbar, bevor die US-Minister für Äußeres und Heimatschutz ihrem südlichen Nachbarn Antrittsbesuche abstatten, hat Washington neue Richtlinien zum geplanten Grenzwall und zu potenziellen Millionen-Deportierungen erlassen.
Eine demokratische Delegation aus dem US-Senat hatte noch am Wochenende versucht, in Mexiko Sorgen zu beschwichtigen. Eine Sprecherin des Heimatschutzministers erklärte, Minister John Kelly freue sich auf „eine starke Partnerschaft mit Mexiko und darauf, diese Partnerschaft diese Woche zu bekräftigen“. Doch seit Dienstag sind einige der schlimmeren Befürchtungen in Mexiko City Realität. Zwei neue Richtlinien aus Kellys Ministerium konkretisieren Verfügungen, die US-Präsident Donald Trump nach seiner Amtsübernahme unterzeichnete. Sie schaffen breiten Spielraum für die Abschiebung von Ausländern ohne Papiere, aber auch von legal eingereisten Menschen, die sich etwas zuschulden haben kommen lassen. Dafür kann künftig ein Vorwurf genügen, auch ohne Verfahren.
In einer Telefonkonferenz für die Presse betonte das Ministerium, der Kampf gegen Schwerkriminelle habe weiterhin Vorrang. Sogenannte Daca-Einwanderer, die als kleine Kinder ins Land gebracht wurden, sollen wie schon unter Präsident Barack Obama verschont bleiben.
Doch die Richtlinie räumt ausdrücklich auch der Abschiebung solcher Menschen Priorität ein, die falsche Angaben gemacht, die Sozialsysteme missbraucht oder ohne Führerschein ein Auto bewegt haben. Das sind extrem häufige Vergehen auch unter Daca-Immigranten.
Generell können Einwanderungsbeamte zudem nach persönlichem Ermessen jeden deportieren, den sie als „Risiko für die öffentliche Sicherheit“ betrachten. Das Recht auf Datenschutz gilt für Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus nicht mehr.
In den USA leben schätzungsweise elf Millionen solcher Menschen, teilweise seit Jahrzehnten. In der Medien-Telefonkonferenz sagte ein Beamter des Heimatschutzministeriums, Panik sei unangebracht; die Behörde habe nicht die Ressourcen, systematisch Leute zusammenzutreiben.
In den Memoranden steht aber auch, die Grenzschutzbehörden seien bestrebt, „alle deportierbaren Ausländer festzusetzen und abzuwickeln“. Sie sehen mindestens 15 500 Neuanstellungen vor.
Die neuen Richtlinien thematisieren auch den geplanten Mauerbau an der mexikanischen Grenze. Das Projekt soll demnach in den Regionen rund um El Paso (Texas), El Centro (Kalifornien) und in Arizona beginnen. Teilweise gibt es dort schon entsprechende Wälle.
Präsident Donald Trump hat versprochen, er werde das Nachbarland zwingen, die Mauer zu finanzieren; Mexiko lehnt das entschieden ab. Im Januar beauftragte Trump die US-Behörden, eine Liste aller Programme zu erstellen, von denen Mexiko direkt oder indirekt profitiert. Neben diesem Erpressungspotenzial sind Grenzzölle und Importsteuern im Gespräch sowie Möglichkeiten, das Geld bei Überweisungen ins südliche Nachbarland abzugreifen.