zurück
BAGDAD/WASHINGTON
USA schicken Spezialeinheit in den Irak
reda
 |  aktualisiert: 17.06.2014 19:05 Uhr

Rund eine Woche nach Beginn des Islamistensturms im Irak wächst die Gegenwehr auch international. Die US-Regierung entsendet eine 275 Mann starke Spezialeinheit in den Irak. Die Truppe sei, wenn nötig, auch zum Kampf gerüstet, teilte US-Präsident Barack Obama mit.

Die USA sorgen sich um die Stabilität der Region und befürchten einen Zerfall des irakischen Staates. Die Islamisten versuchten am Dienstag weiter, nach Bagdad vorzudringen, wurden aber teils zurückgeschlagen. Hilfsorganisationen warnen vor einer Flüchtlingstragödie.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht die Hauptverantwortung für die Lösung des Irakkonflikts nicht bei den USA. Stattdessen sprach sie sich für eine regionale Lösung aus. „Es sind vor allem die regionalen Akteure gefragt, die direkten Einfluss auch haben – von der Arabischen Liga über die Türkei bis hin zum Iran und selbstverständlich die irakische Regierung an allererster Stelle“, sagte sie zum Auftakt ihres USA-Besuchs in New York.

Die USA behalten sich ein militärisches Eingreifen im Irak vor, um den Vormarsch der Sunnitenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) auf Bagdad zu stoppen. Als Optionen gelten Luftangriffe sowie ein umfassenderes Training irakischer Sicherheitskräfte. Der Einsatz von US-Bodentruppen wurde mehrfach ausgeschlossen.

Zur entsandten Spezialeinheit teilte Obama dem Kongress mit, sie solle die Botschaft in Bagdad und die dort arbeitenden Amerikaner schützen. Zu bereits eingetroffenen 170 Spezialisten kämen noch etwa 100 weitere, die, falls erforderlich, Flugplätze verwalten, logistische Maßnahmen unterstützen und zur Sicherheit beitragen sollen. In der weltweit größten US-Botschaft in Bagdad sind rund 5000 Amerikaner tätig. Zum Vergleich: Im ganzen Irak gibt es mehr als 1000 Deutsche.

Der Bürgerkrieg in Syrien und die Kämpfe im benachbarten Irak könnten nach Einschätzung von UN-Ermittlern rasch auf die gesamte Region übergreifen. „Ein regionaler Krieg im Nahen Osten rückt immer näher“, warnte der Leiter der unabhängigen Syrien-Untersuchungskommission, Paulo Sérgio Pinheiro, vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Die größte Gefahr gehe von extremistischen Terrorgruppen wie Isis aus.

Die Islamisten versuchen offenbar mit aller Gewalt, zur Hauptstadt vorzudringen. Inzwischen kämpfen Soldaten in großen Teilen des Landes gegen Extremisten – auch wenige Dutzend Kilometer nördlich von Bagdad. Wie das Nachrichtenportal „Sumaria News“ berichtete, verhinderten Sicherheitskräfte in der Provinz Kirkuk einen Angriff der Sunnitenmiliz auf einen Schiitenschrein. In der Provinz Dijala seien bei Gefechten mindestens 19 Extremisten getötet worden.

Rund 60 Kilometer nördlich von Bagdad scheiterten die Dschihadisten mit einer Befreiung führender Gesinnungsgenossen aus dem Gefängnis. Bei dem Angriff nahe der Stadt Bakuba wurden laut einem Medienbericht mindestens 44 Häftlinge getötet. Die Kämpfer hatten die Haftanstalt unter anderem mit Panzerabwehrwaffen angegriffen.

Nach Angaben der Organisation Ärzte ohne Grenzen zwingen die Kämpfe immer mehr Menschen in die Flucht. Inzwischen sollen es schon 1,2 Millionen sein. Die Lage verschlechtere sich von Tag zu Tag. Helfer warnen vor einer humanitären Katastrophe.

Der Irakkonflikt führt auf internationaler Ebene einstige Erzfeinde zusammen. Nach Washington bestätigte am Dienstag auch Teheran amerikanisch-iranische Gespräche über den Irak. „Ja, wir haben auch die Brutalitäten der Isis im Irak besprochen“, sagte Außenminister Mohammed Dschawad Sarif.

Dem Siemens-Konzern gelang es nach tagelanger Unsicherheit, 50 Techniker aus einem von Isis beherrschten Gebiet ausfliegen zu lassen. Nach Informationen von „Spiegel Online“ wurden 50 Siemens-Beschäftigte gerettet, darunter acht Deutsche. Sie waren mit der Modernisierung eines Kraftwerks 200 Kilometer nördlich von Bagdad beschäftigt.

Ölraffinerie schränkt Produktion ein

Die Kämpfe zwischen islamischen Extremisten und Armeeangehörigen im Irak wirken sich auch auf die Ölproduktion aus. Wie am Dienstag aus irakischen Sicherheitskreisen verlautete, wurde in Baidschi, rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad, der Betrieb in einer der wichtigsten Ölraffinerien des Landes deutlich eingeschränkt.

In Bagdad riefen Regierungsangehörige die Menschen auf, mit Benzin, Strom und Lebensmitteln umsichtig umzugehen. Bewohner berichteten über Ausfälle des Internets. Nach Angaben von Helfern haben im Westen der zweitgrößten Stadt Mossul die Menschen nur noch eingeschränkten Zugang zu Trinkwasser. Strom gebe es nur für wenige Stunden pro Tag. Aus Tikrit berichteten Bewohner von Mangel an Treibstoff, Strom und Trinkwasser.

Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, inzwischen hätten sich mehr als zwei Millionen Freiwillige zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat im Irak und Syrien (Isis) bereiterklärt, eine Zahl, die von unabhängiger Seite nur schwer überprüft werden kann. Text: dpa

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen
Barack Obama
CDU
Elitetruppen
Erdöl-Raffinerien
Irakische Regierungen
Islamischer Staat
Siemens AG
UN-Menschenrechtsrat
US-Regierung
Ärzte ohne Grenzen
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen