Im syrischen Bürgerkrieg will US-Präsident Barack Obama die Rebellen jetzt auch militärisch unterstützen. Seine Regierung ist zu dem Schluss gekommen, dass Machthaber Baschar al-Assad chemische Waffen gegen seine Gegner eingesetzt hat.
Vize-Sicherheitsberater Ben Rhodes teilte in Washington mit: „Nach einer sorgfältigen Überprüfung glauben unsere Geheimdienste, dass das Assad-Regime im vergangenen Jahr mehrfach in kleinerem Rahmen Chemiewaffen gegen die Opposition eingesetzt hat, darunter auch das Nervengift Sarin.“
Die Geheimdienste seien sich ihrer Sache in hohem Maße sicher, sagte Rhodes. Es gebe voneinander unabhängige Informationskanäle und Laborbefunde zu Körperproben mehrerer Betroffener. Es existierten keine Hinweise darauf, dass Rebellen solche Kampfstoffe eingesetzt hätten. Das Thema soll kommende Woche beim G-8-Gipfel in Nordirland angesprochen werden. Die US-Regierung arbeite mit Verbündeten zusammen, um der Öffentlichkeit eine Beweisführung vorzulegen, sagte Rhodes. Neben den Vereinten Nationen sei auch Russland von den Erkenntnissen informiert worden.
„Der Präsident hat gesagt, dass der Gebrauch von Chemiewaffen seine Einschätzung ändern würde, und das hat er getan“, erklärte Rhodes. Obama habe die Hilfen für die zivile Opposition ausgedehnt und erweiterte Unterstützung für den Supreme Military Council genehmigt, den militärischen Arm des Widerstandes. Auf Nachfrage sagte Rhodes, das schließe militärische Unterstützung ein. Einzelheiten nannte er nicht. Über eine mögliche Flugverbotszone sei noch nicht entschieden.
Obama stand bei dem Thema zuletzt zunehmend unter Druck. UNO-Mitarbeiter und die Regierungen mehrerer europäische Länder halten den Gebrauch von Chemiewaffen in Syrien schon länger für erwiesen. Zuletzt kam der prominenteste Alarmruf ausgerechnet vom früheren Präsidenten Bill Clinton, einem Verbündeten Obamas. Das Online-Magazin „Politico“ zitierte aus Tonbandaufnahmen einer geschlossenen Veranstaltung in New York, bei der Clinton am Dienstag dazu aufgerufen hatte, den Rebellen eine faire Chance zu erhalten. Wie jeder andere Präsident auch riskiere Obama, später als „totaler Narr“ dazustehen, wenn er sich auf Meinungsumfragen verlasse und allzu vorsichtig agiere. Clinton verwies auf seine eigenen Entscheidungen im Kosovo und Bosnien. Die Mehrheit der Amerikaner ist gegen ein stärkeres Engagement in Syrien.
Die Moderaten unter den syrischen Aufständischen sind in den letzten Wochen so stark in die Defensive geraten, wie nie zuvor. Unablässig werden ihre Stellungen im Norden, Osten und Süden des Landes von Hubschraubern und Kampfflugzeugen des Regimes bombardiert. Die verlorene Schlacht um Qusair hat die Moral der Assad-Gegner erschüttert. Die Panzerkolonnen des Diktators dagegen rücken, unterstützt von 3000 bis 4000 Hisbollah-Elitetruppen, auf Homs und Aleppo zu. Zudem treiben in den von Rebellen kontrollierten Gebieten immer mehr Gotteskrieger aus aller Herren Länder ihr Unwesen, ausgerüstet durch Katar und Saudi-Arabien. Letzte Woche in Aleppo richteten drei schwarz gekleidete, radikale Islamisten einen 14-jährigen Kaffeeverkäufer wegen angeblicher Gotteslästerung vor den Augen seiner entsetzten Eltern hin. Aufgebrachte Menschen zogen daraufhin vor das Hauptquartier der Al-Nusra-Brigaden und machten ihrem Ärger gegen beide Seiten Luft – die Schlächter von El Kaida und die Schlächter von Assad.
Wie die „New York Times“ berichtet, soll die „Freie Syrische Armee“ Handfeuerwaffen, Panzerfäuste und Mörsergranaten bekommen, tragbare Boden-Luft-Raketen gegen Kampfjets jedoch sind vorerst nicht geplant. Und so könnten die neuen Waffen die militärische Lage der Rebellen zwar stabilisieren, ohne sie jedoch entscheidend zu bessern.
Nach Informationen des „Wall Street Journal“ wollen die US-Militärplaner im Süden Syriens eine 40 Kilometer breite Flugverbotszone errichten, die mit F-16-Kampfjets erzwungen werden soll. Die Flugzeuge sollen über jordanischem Territorium bleiben und die syrischen Flugabwehrbatterien mit Raketen größerer Reichweite ausschalten.