Die Veröffentlichung eines lang erwarteten Berichts über CIA-Verhörmethoden unter der Regierung George W. Bush hat die US-Hauptstadt kurz vor der Weihnachtspause in Aufregung versetzt. Aus Sorge um gewaltsame Reaktionen wurden amerikanische Einrichtungen weltweit in Alarmbereitschaft versetzt. Die Untersuchung aus dem Senat wirft dem Geheimdienst vor, Kongress und Öffentlichkeit nicht nur über die Härte ihres Vorgehens getäuscht zu haben, sondern auch über den Nutzen. Es geht vor allem um den Umgang mit mutmaßlichen El-Kaida-Angehörigen in ehemaligen Geheimgefängnissen außerhalb der USA.
Die demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Dianne Feinstein, stellte am Dienstag eine Zusammenfassung vor, die gleichzeitig der Öffentlichkeit zugänglich wurde. In dem Bericht geht es um die Behandlung von insgesamt 119 Gefangenen, „die in einigen Fällen auf Folter hinauslief“, sagte Feinstein. „Die Veröffentlichung dieser 500-seitigen Zusammenfassung kann diesen Schandfleck nicht entfernen. Aber sie kann unseren Bürgern und der Welt zeigen, dass Amerika groß genug ist, um zuzugeben, wenn es Fehler macht, und selbstbewusst genug, um aus seinen Fehlern zu lernen.“
Mitarbeiter der Demokraten im Senatskomitee haben für die Studie in fünfjähriger Recherche 6,3 Millionen Dokumente untersucht. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die verwendeten Verhörmethoden im Anti-Terror-Kampf weit brutaler waren als von Washington genehmigt. Gegenüber den Aufsichtsgremien im Kongress habe die CIA-Führung ihre Praxis zudem verharmlost. Der damalige Präsident George W. Bush sei erst im April 2006 umfassend informiert worden.
Der Bericht bestreitet auch den Nutzen. Verfechter der sogenannten „enhanced interrogations“ beharren darauf, dass etwa das berüchtigte Waterboarding unter anderem zur Ergreifung Osama bin Ladens geführt habe. Dem Senatsbericht zufolge ist das falsch. Es seien auch keine Terrorpläne dadurch verhindert worden. Stattdessen machten die Verhörten bei harter Befragung falsche Aussagen, von denen sie glaubten, ihre Peiniger wollten sie hören. Die CIA habe dieses Phänomen schon in früheren Jahrzehnten festgestellt, aber nie versucht, aus solchen Fehlern zu lernen.
Der vollständige Bericht des Senats hat 6700 Seiten. Die Publikation der Zusammenfassung wurde im Streit um die Schwärzung sensibler Informationen immer wieder aufgeschoben. Im Januar übernehmen die oppositionellen Republikaner im Senat die Mehrheit. Aus Sorge, die Konservativen könnten das Papier dann unter den Teppich kehren, geben sich die Demokraten nun mit der vorliegenden Form zufrieden. Die Veröffentlichung werde „Gewalt und Tod bewirken“, warnte am Wochenende der republikanische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rodgers.
Der aktuelle CIA-Direktor John Brennan hatte im Vorfeld gesagt, sein Dienst stimme mit vielen der Befunde überein, mit anderen nicht. Die Agentur bekräftige am Dienstag erneut, das Programm sei effektiv gewesen. Der frühere Präsident George W. Bush sagte in einem CNN-Interview vom Sonntag über die damaligen CIA-Kräfte: „Das sind Patrioten. Was immer in dem Bericht steht – wenn er ihre Leistungen für unser Land schmälert, wäre das vollkommen unangemessen.“ Bushs Nachfolger Barack Obama hat die härtesten Verhörmethoden als Folter bezeichnet und 2009 unmittelbar nach seiner Amtsübernahme abgeschafft. Er hatte sich ursprünglich auch für eine Aufarbeitung ausgesprochen, dieses Anliegen dann aber mit Rücksicht auf die politische Sprengkraft zurückgestellt.