Wie in vielen anderen Staaten auch liegen die Ausgaben der USA seit Jahrzehnten über ihren Einkünften. Mit der Schuldengrenze legt der Kongress fest, wie weit der Staat in die Kreide gehen darf, um Rechnungen und Kredite zu bezahlen. Sie liegt derzeit bei 16,7 Billionen Dollar (12,3 Billionen Euro). Bei der Anhebung handelt es sich um einen Routinevorgang, aber die oppositionellen Republikaner wollen diesmal nur unter bestimmten Bedingungen zustimmen. Die Regierung lehnt eine Verknüpfung mit anderen Themen ab.
Die US-Schulden haben die Grenze eigentlich schon im Mai erreicht. Durch Umschichtungen in der Buchhaltung konnte die Regierung bislang zwar ohne zusätzliche Schulden auskommen, aber diese Spielräume sind nun erschöpft. Finanzminister Jack Lew hatte ursprünglich geschätzt, dass die Verwaltung mit dem 17. Oktober von der Hand in den Mund leben muss. Tatsächlich reicht das Geld wohl noch ein paar Tage länger.
Etwa 30 Milliarden Dollar werden am Donnerstag noch im Staatssäckel sein. Dazu kommen schwer kalkulierbare Steuereinnahmen, die natürlich weiterströmen. Das Haushaltsbüro des Kongresses rechnet jedoch damit, dass das Geld wohl bereits in der letzten Oktoberwoche verbraucht sein wird.
An den Finanzmärkten ist die Hauptsorge, dass das Land versäumen könnte, seine Staatsanleihen zu bedienen. Zahlungsunfähigkeit würde die ohnehin angekratzte US-Kreditwürdigkeit weiter verschlechtern. Zwar gibt es die Möglichkeit, alte Kredite durch neue abzulösen, doch die würden wahrscheinlich teurer. Gefährdet sind aber auch Leistungen von Sozial- und Krankenversicherungen, Zahlungen an Beamte, Soldaten, wirtschaftliche Vertragspartner und staatliche Gläubiger ganz allgemein. Prioritäten zu setzen, ist in der Kürze der Zeit nicht nur technisch schwierig – die Demokraten weigern sich bislang auch, um die Opposition doch noch zum Einlenken zu zwingen.
Am 30. September ging das US-Haushaltsjahr 2013 zu Ende. Weil kein neues Budget beschlossen wurde, darf die Bundesverwaltung seither keine neuen Kosten verursachen, die nicht als existenziell erachtet werden. Der daraus resultierende Notbetrieb ist unbequem, hat aber weniger gravierende Folgen. Bei der Schuldenobergrenze dagegen geht es um bestehende Verbindlichkeiten – Geld, das längst ausgegeben ist und auf das die Empfänger ein Anrecht haben.
Eine Zahlungsunfähigkeit der größten Volkswirtschaft hat es noch nie gegeben – die konkreten Folgen sind unklar. Einigkeit besteht aber darin, dass potenziell eine neue Finanzkrise droht. Sowohl beim Geschäft untereinander als auch bei ihren Reserven verlassen sich Banken weltweit auf Staatsanleihen. Wenn US-Papiere nicht mehr vertrauenswürdig sind, gerät das Kreditgeschäft weltweit ins Stocken. Wenn der Staat keine Schulden mehr aufnehmen darf, muss er außerdem seine Ausgaben radikal zusammenstreichen. Das Bipartisan Policy Center in Washington befürchtet schon in den ersten beiden Novemberwochen eine Amputation um 32 Prozent. Das wäre eine extreme Wirtschaftsbremse.