Es sollte gestern immerhin eine gute Nachricht geben im britischen Parlament. Urlaub. Bei der Verkündung, dass die Abgeordneten eine zwölftägige Pause bekommen würden, hallten Beifallsrufe durch das Unterhaus. Sie klangen nach echter Erleichterung. Diejenige, die sich aber am meisten nach einer Auszeit sehnen dürfte, heißt Theresa May. Die Premierministerin musste gestern abermals zum Brexit den Parlamentariern Rede und Antwort stehen. Dass das Datum ausgerechnet auf den 31. Oktober fällt, empfanden derweil viele Beobachter als passendes Bild. „Mays Halloween-Horror“, titelte etwa die Boulevardzeitung „Daily Mail“ und verwies wie beinahe allen Medien auf den Volksbrauch am Abend des 31. Oktober.
Von allen Seiten hagelte es Kritik auf die Regierungschefin für ihre Entscheidung, den Brexit hinauszuzögern. Sie sei sich wohl bewusst, dass das ganze Land von der Verzögerung „frustriert“ sei und dass die Abgeordneten dadurch unter „immensen Druck“ gesetzt würden, verteidigte sich May. Forderungen nach einem erneuten Referendum erteilte sie jedoch abermals eine Absage. Doch wie sie das Königreich aus der Sackgasse manövrieren will, bleibt weiter unklar. Oppositionschef Jeremy Corbyn kritisierte May gestern scharf. Der Aufschub des Scheidungstermins sei „ein diplomatischer Fehler“ und ein „Meilenstein des falschen Handelns der Regierung im ganzen Brexit-Prozess“. Corbyn fordert seit Monaten Neuwahlen.
Die eigenen Leute stellen die Frage nach Mays Rücktritt
Die schwersten Angriffe aber kamen aus den eigenen Tory-Reihen. Ex-Brexit-Minister David Davis warnte, die Rufe nach Mays Ende in der Downing Street würden nun „dramatisch“ zunehmen. Die Hardliner bezeichnen den Aufschub des Brexit-Termins regelmäßig als „Verrat“. So verurteilte etwa Brexit-Hardliner Bill Cash im Unterhaus Mays „unterwürfige Kapitulation“ in Brüssel und fragte ganz offen: „Werden Sie zurücktreten?“
Die Regierungschefin versuchte die Attacken aus der eigenen Partei wegzulachen und wandte sich vielmehr an die Labour-Abgeordneten auf der anderen Seite des Parlaments. Mit deren Hilfe will sie den Deal doch noch gebilligt bekommen. „Lasst und die Sitzungspause nutzen, um über jene Entscheidungen nachzudenken, die wir schnell nach unserer Rückkehr nach Ostern machen müssen“, rief sie die Abgeordneten auf.