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BERLIN
Unzureichende Entschädigung für Atomopfer
Martin Ferber
Martin Ferber
 |  aktualisiert: 11.12.2019 18:45 Uhr

Opfer von Unfällen in Atomkraftwerken in der EU werden unverändert nur völlig unzureichend entschädigt. Dabei hatte die EU schon im Februar 2004 eine deutliche Verbesserung beschlossen, die eigentlich 2006 in Kraft treten sollte. Doch noch immer ist dies nicht der Fall, weil Großbritannien und Italien seit elf Jahren die Umsetzung der entsprechenden Vereinbarung verschleppen und sich weigern, sie zu ratifizieren. Dies geht aus einer Antwort des Bundesumweltministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der baden-württembergischen Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (Karlsruhe) hervor, die der Redaktion vorliegt.

Die Regierungen in Rom und London hätten „noch nicht die innerstaatlichen Voraussetzungen für eine Ratifizierung geschaffen“, heißt es in dem Brief der Parlamentarischen Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD). Allerdings sei die Bundesregierung nicht bereit, das hinzunehmen, sie habe daher die beiden Staaten „dazu aufgerufen, möglichst schnell die innerstaatlichen Voraussetzungen für eine Ratifikation zu schaffen“.

Für Kotting-Uhl ist es völlig unverständlich, dass sowohl die Bundesregierung als auch die EU so lange untätig geblieben sind und die Verweigerungshaltung der beiden Länder widerspruchslos akzeptieren – zumal es in Italien im Gegensatz zu Großbritannien gar keine Atomkraftwerke gibt. Der Schutz der Bürger müsse Vorrang vor den Interessen der Atomkonzerne und der Betreiber der Kernkraftwerke haben, sagte sie gegenüber der Redaktion. „Die 2004er Revision stellt absolut notwendige, aber längst nicht ausreichende Verbesserungen dar. Doch selbst die sind nicht durchsetzbar, weil zu teuer für AKW-Betreiber. So viel zum Märchen vom billigen Atomstrom!“ Das Atomhaftungsrecht diene in den meisten Ländern nicht dem Opferschutz, sondern dazu, die AKW-Betreiber nach einem Atomunfall vor dem Bankrott zu bewahren. Dies sei „grotesk“.

Nach Ansicht der Atomexpertin der Grünen ist die Atomhaftung in den meisten Ländern so skandalös niedrig, dass Opfer einer Atomkatastrophe nur einen Entschädigungsanspruch im Promillebereich ihres tatsächlichen Schadens haben werden. Sie fordert daher die Bundesregierung auf, „endlich unmissverständlich auf eine angemessene Reform des Atomhaftungsregimes in allen europäischen Staaten mit Atomkraftwerken zu drängen“. Angemessen wäre aus ihrer Sicht eine Deckungsvorsorge von mindestens 25 Milliarden Euro und eine unbegrenzte Betreiberhaftung. „Das würde auch automatisch zu einer raschen Abschaltung der schlimmsten Schrottmeiler in Europa führen.“

 
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