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NEW YORK
UNO: Fünf Giftgaseinsätze in Syrien
Schutz vor Gift: Ein Soldat der syrischen Armee mit Gasmaske.
Foto: dpa | Schutz vor Gift: Ein Soldat der syrischen Armee mit Gasmaske.
Evangelischer Pressedienst
 |  aktualisiert: 13.12.2013 19:42 Uhr

Nach monatelangen Untersuchungen legen UN-Experten ihren Abschlussbericht über Gasangriffe in Syrien vor. Die Frage, wer mit den geächteten Waffen getötet hat, lassen sie weiterhin unbeantwortet.

Im syrischen Bürgerkrieg ist nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens fünfmal Giftgas eingesetzt worden. Der Beschuss von Wohngebieten bei Damaskus mit dem Nervengift Sarin im letzten August sei klar erwiesen, stellen die UN-Experten um den Schweden ke Sellström in ihrem Abschlussbericht fest, den sie jetzt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vorlegten. In vier weiteren Fällen seien Angriffe mit Giftgas als wahrscheinlich anzusehen.

Wer für den Einsatz verantwortlich ist, geht aus dem 82 Seiten langen Bericht jedoch nicht hervor. Die UN-Experten hatten von Anfang an auch kein Mandat, die Schuldfrage zu klären.

Das Regime von Präsident Baschar al-Assad und die Aufständischen beschuldigen sich gegenseitig, Giftgas einzusetzen. Bei dem Angriff in Al-Ghuta bei Damaskus seien am 21. August auch Kinder unter den etwa 1400 Toten gewesen, hält der UN-Bericht fest. Bereits ein erster Zwischenbericht, den das Expertenteam im September vorlegte, hatte von „klaren und überzeugenden“ Beweisen für einen Sarin-Angriff in Al-Ghuta gesprochen.

US-Präsident Barack Obama hatte dies damals veranlasst, mit einem militärischen Eingreifen gegen das Assad-Regime zu drohen. Auch der damalige Zwischenbericht hatte keine Angaben darüber enthalten, wer die Sarin-Granaten auf die Wohngebiete abgefeuert hatte. Experten der US-Administration schlossen allerdings aus den Begleitumständen des Giftgasangriffs, dass Truppen des Assad-Regimes dahinter steckten.

Der Abschlussbericht der UN-Experten bewertet vier weitere Vorfälle, bei denen Giftgas „wahrscheinlich“ eingesetzt wurde. In zwei Fällen – im März in Chan al-Asal und im April in Sarakib – seien Zivilisten unter den Opfern gewesen. Bei den anderen Verwendungen seien Kombattanten das Ziel gewesen. Die Kontrollbehörde zur Vernichtung von Chemiewaffen (OPCW) äußerte sich am Freitag tief besorgt über die von den UN-Experten gewonnenen Erkenntnisse. „Dies unterstreicht erneut die Notwendigkeit der sofortigen Entfernung aller Chemiewaffen und entsprechender Chemikalien aus Syrien“, erklärte OPCW-Generaldirektor Ahmet Üzümcü am Freitag in Den Haag. Er rief alle Konfliktparteien auf, dabei zusammenzuarbeiten.

Nach dem Massaker in Al-Ghuta hatte US-Präsident Obama mit Luftangriffen auf Stellungen der Assad-Truppen gedroht. Nachdem die UN-Experten im September den Einsatz von Giftgas bestätigt hatten, stimmte Russland einer Resolution des UN-Sicherheitsrates zu, die die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenarsenals forderte. Bis Mitte 2014 soll unter Aufsicht von OPCW-Inspektoren alles Giftgas aus dem arabischen Mittelmeerland verschwunden sein.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft den europäischen Ländern einen „beschämenden“ Umgang mit Flüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland Syrien vor. Bisher haben die EU-Staaten rund 12 000 Aufnahmeplätze für besonders schutzbedürftige Menschen aus dem Krisengebiet geschaffen, wie es in einem am Freitag in London veröffentlichten Amnesty-Bericht heißt. Deutschland hat mit 10 000 Plätzen das mit Abstand größte Schutzprogramm. Neun andere Länder bieten zusammen lediglich 2340 Plätze für Flüchtlinge an. „Achtzehn Mitgliedsländer haben überhaupt kein Angebot gemacht“, unterstreicht Amnesty. Die Zahlen der Organisation beziehen sich auf Menschen, die die Flucht aus dem Konfliktgebiet aus eigener Kraft nicht schaffen. Um Asyl im klassischen Sinn geht es dabei nicht.

Hochgerüstetes Syrien

Die Regionalmacht Syrien ist hochgerüstet und soll mit mehr als 1000 Tonnen unterschiedlicher Kampfstoffe das größte Chemiewaffenarsenal im Nahen Osten besitzen. Das syrische Chemiewaffenprogramm begann nach Informationen westlicher Geheimdienste in den 1970er Jahren mit dem Import chemischer Munition. In den folgenden Jahren erwarb das Land die Fähigkeit zur eigenständigen Produktion.

Experten des Internationalen Instituts für Strategische Studien gehen davon aus, dass das Regime von Präsident Baschar al-Assad die Kapazität hat, jährlich mehrere Hundert Tonnen C-Waffen zu produzieren. Die kleinen Fertigungsstätten seien schwer zu lokalisieren. Giftgas werde an rund 40 Stellen gelagert. In syrischen Arsenalen sollen mehrere

Hundert Tonnen Senfgas liegen. Dazu kommen mehrere Hundert Tonnen Sarin und Dutzende Tonnen des Nervengiftes VX. TEXT: dpa

 
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