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BERLIN
Union will höheres Kindergeld
Von unserem Korrespondenten Rudi Wais
 |  aktualisiert: 20.06.2013 19:06 Uhr

Mit einem höheren Kindergeld und einem höheren Kinderfreibetrag will die Union nach der Bundestagswahl die Eltern in Deutschland unterstützen. Nach den Worten von Familienministerin Kristina Schröder soll das alte Ehegattensplitting dabei zu einer Art Familiensplitting ausgebaut werden, bei dem für Kinder der gleiche Freibetrag gilt wie für Erwachsene.

Wie stark gleichzeitig das Kindergeld angehoben werden könnte, ließ Finanzminister Schäuble am Donnerstag in Berlin allerdings noch offen. Auf Nachfrage erinnerte er lediglich an die letzte Erhöhung des Kindergeldes Anfang 2010, bei der die Sätze um 20 Euro pro Kind und Monat angehoben worden waren. Ein solcher Schritt wäre erforderlich, um auch die Familien zu begünstigen, die keine oder fast keine Steuern bezahlen und von den höheren Freibeträgen nicht profitieren.

Gegenwärtig steht einem Kind ein jährlicher Freibetrag von 7008 Euro zu, der Grundfreibetrag für Erwachsene liegt bei 8130 Euro und soll im nächsten Jahr auf 8345 Euro steigen. Eine Familie mit drei Kindern kann danach mehr als 37 000 Euro verdienen, ehe sie Einkommenssteuer bezahlt. Bei einer steuerlichen Gleichstellung von Kindern und Erwachsenen hätte eine Durchschnittsfamilie mit einem Kind nach Auskunft von Schäuble netto etwa 250 Euro mehr pro Jahr zur Verfügung. Eine Familie mit drei Kindern würde dann erst ab einem Einkommen von etwa 41 000 Euro Steuern zahlen. Angesichts der zusätzlichen Ausgaben für den Flutopferfonds ist allerdings noch unklar, ob der Kinderfreibetrag in einem Schritt oder in Etappen angehoben werden soll.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kritisierte die Pläne als teures Wahlmanöver. Wörtlich sagte der frühere Finanzminister: „Das ist ein Vorteil für Hoch- und Höchstverdienende.“ Familienministerin Schröder dagegen verwies auf die gleichzeitige Erhöhung des Kindergeldes: „Wir wollen kinderreiche Familien unterstützen und nicht reiche.“ Dazu soll nach ihrem Willen auch der Kinderzuschuss für Geringverdiener noch einmal überprüft werden. In Fällen, in denen ein Einkommen geringfügig steigt, kann der Wegfall des Zuschlages heute dazu führen, dass die Familie am Ende 70 Euro netto weniger im Monat zur Verfügung hat. „Diese Wirkung ist zu beseitigen“, heißt es in einer Analyse des Familienministeriums.

Insgesamt fließen in Deutschland jedes Jahr rund 200 Milliarden Euro in 156 verschiedene ehe- und familienbezogene Leistungen. Nach einer Überprüfung dieser Praxis will die Koalition aber weder Zuschüsse kürzen noch Steuervorteile abschaffen. Im Prinzip seien die Familien mit den verschiedenen Förderinstrumenten zufrieden, betonte Ministerin Schröder. So seien lediglich Feinjustierungen wie der Abbau von Bürokratie und das Angleichen von Einkommens- und Altersgrenzen im Steuer- und Sozialrecht nötig. Es sei ein „Gebot der Gerechtigkeit“, dass ein Paar mit Kindern kein deutlich schlechteres Leben führe als ein vergleichbares Paar ohne Kinder.

Die FDP sieht die sogenannte Evaluierung der familienpolitischen Leistungen skeptischer. „Sehr viele Leistungen, Verrechnungen, Freibeträge, viele Behörden – das ist für viele Bürger nicht durchschaubar und nachvollziehbar“, betonte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Die familienpolitische Sprecherin der Liberalen, die Augsburger Abgeordnete Miriam Gruß, sprach sich für einen stärkeren Ausbau der Kinderbetreuung aus. Die Evaluation zeige, dass Eltern eine gute Betreuung wichtiger sei als Geldleistungen. Deshalb müsse die Familienpolitik auch Tagesmütter, Betriebskindergärten und private Träger stärker mit einbeziehen.

Der Deutsche Familienverband forderte die Bundesregierung auf, sich stärker am französischen Modell zu orientieren, bei dem die Förderung ab dem dritten Kind deutlich höher ausfällt. In Frankreich sei Kinderreichtum ein Statussymbol, betonte Verbandspräsident Klaus Zeh. „In Deutschland gilt er absurderweise eher als soziales Manko.“ Nach Angaben des Verbandes haben mehr als 800 000 Familien in der Bundesrepublik drei und mehr minderjährige Kinder.

Wie Familien leben

96 Prozent der Deutschen haben eine klare Meinung über den Wert der Familie: Sie gewährt auch in schwierigen Zeiten Zusammenhalt. Wie aber leben Eltern mit Kindern heute?

Die Zahl der Familien ist durch den demografischen Wandel in Deutschland innerhalb von 15 Jahren von 9,1 auf 8,1 Millionen gesunken.

Drei von vier Kindern wachsen bei verheirateten Eltern auf, die klassische Familie ist damit nach wie vor die häufigste Familienform.

Neun Prozent der Eltern leben heute ohne Trauschein zusammen, etwa 20 Prozent erziehen ihre Kinder alleine.

Neue Familienformen: Unter den Paaren mit Kindern ist jedes siebte eine Stief- oder eine sogenannte Patchworkfamilie.

Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit minderjährigen Kindern gibt es 4000 in Deutschland. Dieser Anteil hat sich laut Familienministerium in den vergangenen 15 Jahren praktisch nicht verändert. Text: RWA

 
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