Die Wahlerfolge der Grünen stehen auf einem soliden gesellschaftlichen Fundament. Denn den Deutschen wird Klima- und Umweltschutz immer wichtiger. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Bundesumweltministeriums und des Bundesumweltamtes hervor.
Die Bewahrung der Natur und der Kampf gegen die Erderwärmung ist für die Deutschen die derzeit drittwichtigste Aufgabe, die die Politik anpacken muss. Davor stehen nur die Herstellung sozialer Gerechtigkeit und die Verbesserung des Bildungswesens. In der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2016 kam der Umwelt- und Klimaschutz erst auf Rang sechs.
Für die Parteien der großen Koalition bedeuten die Ergebnisse, dass sie eines der drängendsten Themen verschlafen haben. Dem entsprechend bekommt das schwarz-rote Regierungsbündnis schlechte Noten ausgestellt. Nur 14 Prozent sind der Meinung, dass die Koalition in diesem Bereich genug tut. Noch schlechter kommt die Wirtschaft weg. Nur acht Prozent meinen, dass das Engagement der Industrie ausreicht. Im Jahr 2016 waren noch 34 Prozent mit der Regierung und 15 Prozent mit der Industrie zufrieden.
Handlungsbedarf bei Verkehr und Landwirtschaft
Befragt wurden die 4000 Teilnehmer der Erhebung schon im vergangenen Jahr, also bevor die Schülerproteste den Klimaschutz ganz nach oben auf die politische Agenda hievten. Allerdings hatte seinerzeit der Hitzesommer das Land ausgetrocknet. Besonders viel Handlungsbedarf sehen die Deutschen in der Landwirtschaft und im Verkehrsbereich. Jeweils zwei Drittel machen sich Sorgen wegen der schrumpfenden Artenvielfalt bei Pflanzen sowie Tieren und des Einsatzes von Unkrautvernichtern auf den Äckern. Die Hälfte spricht sich dafür aus, dass bei der Mobilität ökologische Ziele Vorrang haben müssen. Neun von zehn wollen außerdem, dass mehr Windräder und Solarfelder aufgestellt werden, weil ihnen die Energiewende zu langsam geht. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nutzte die Ergebnisse, um die Union unter Druck zu setzen. Bisher blockieren CDU und CSU ihren Entwurf zum Klimaschutzgesetz und haben der Einführung einer CO2-Steuer eine Absage erteilt. „CDU/CSU haben bis jetzt leider nur gesagt, was sie alles nicht wollen. Es ist aber an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen“, sagte die SPD-Politikerin bei der Vorstellung der Untersuchung am Dienstag in Berlin. „Wenn wir jetzt nicht handeln, würde das dramatische Folgen haben. Das haben wir doch vergangenen Sommer gesehen“, legte sie nach.
Schwieriges Terrain für Union und SPD
Schulze ging jetzt in die Offensive und leitete ihren seit Februar fertigen Gesetzentwurf zur Abstimmung an die anderen Ressorts weiter – gegen den Willen des Kanzleramtes. „Ich kann es nicht verantworten, noch mehr Zeit zu verlieren“, begründete sie ihren Schritt.
Die Umfrage macht aber ebenso deutlich, wie schwierig das Terrain für Union und SPD ist. Zwar erklären 50 Prozent der Menschen, dass der Verkehrssektor ökologischer werden müsse, gleichzeitig betonen aber 40 Prozent, dass alle Menschen ihre Wege im Alltag bequem und kostengünstig zurücklegen können sollen. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird einerseits allgemein unterstützt, andererseits wird gegen fast jeden neuen Windpark an Land geklagt.
Die Bürger misstrauen sich untereinander, was die Umweltbilanz der anderen angeht. Nur jeder Fünfte glaubt, dass die Deutschen genug für die Rettung des Planeten tun.