Der Nato-Generalsekretär zeigte sich schon zu Beginn des Brüsseler Treffens frustriert. „Ich muss leider sagen, dass wir keinerlei Zeichen dafür sehen, dass Russland seinen internationalen Verpflichtungen nachkommt“, stellte Anders Fogh Rasmussen fest, bevor er mit den 28 Außenministern der Allianz am Mittwoch zusammentraf, um über die Entwicklung rund um die Ukraine zu diskutieren.
Es gebe eine „neue Art der Kriegsführung Russlands“. Wenig später erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, man dürfe trotzdem „nichts unversucht lassen, die kleinsten Chancen zu nutzen“, um einen Waffenstillstand und dann auch Frieden wiederherzustellen.
Die Nato sucht nach einer Antwort, die sie doch nicht geben kann, weil ihr dafür die Instrumente fehlen. Wenige Wochen, nachdem die Verstärkung der militärischen Kapazitäten in Osteuropa besprochen wurde, wird klar, dass diese Operation so gar nicht machbar ist.
Inzwischen hat man zwar die Luftraumüberwachung über dem Baltikum verstärkt und die Marinemanöver in der Ostsee ausgeweitet. Mehr Truppen, die dauerhaft entlang der Ostgrenze stationiert werden, sind aber schon gar nicht mehr im Gespräch. Stattdessen wird, was in solchen Situationen häufig geschieht, einmal mehr von einem Rückgriff auf die Schnelle Eingreiftruppe gesprochen, die seit ihrer Installation noch nie genutzt wurde. Dabei läuft dem Bündnis die Zeit davon.
Spätestens bei der Vollversammlung im September in Wales braucht man eine Antwort. Die aber kostet Geld und das haben die Staaten nicht. „Unser Etat beträgt 32 Milliarden Euro, das ist ein Wort“, lehnte auch Bundesverteidigungsministerien Ursula von der Leyen unlängst amerikanische Forderungen nach einer Aufstockung ab. US-Präsident Barack Obama aber wird in einigen Wochen nachlegen: Schließlich finanziert Washington das Nato-Budget zu 70 Prozent. Eine „gerechtere Lastenteilung“ ist gefragt.
Am Mittwoch gab es denn auch vor allem Appelle. Die Führung in Moskau müsse die Waffenlieferungen an die Ostukraine einstellen und die Unterstützung der Separatisten stoppen, forderte der britische Außenamtschef William Hague. „Falls das nicht geschieht, wird in der EU der Ruf nach stärkeren Sanktionen sicher wieder lauter.“
Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl: Das Thema „Sanktionen gegen Moskau“ steht auf der Tagesordnung des EU-Gipfels, der am heutigen Donnerstag beginnt. Tatsächlich könnte eine Spirale gegen Moskau in Gang kommen, falls Präsident Wladimir Putin seine „Signale der Entspannung“ (Steinmeier) nicht ausbaut.
Bereits am kommenden Montag wird der Nato-Oberkommandierende, General Philip Breedlove, eine Strategie für die Zukunft der Allianz mit Schwerpunkt in Osteuropa vorlegen. In Mons bei Brüssel, von wo die Operationen der Allianz gesteuert werden, tut man sich schwer, einen klaren Auftrag der Mitgliedstaaten zu erkennen. „Die einen wollen besser vor Russland geschützt werden, die anderen drängen darauf, noch abzuwarten“, sagte ein hoher Nato-Diplomat gestern. „Daraus kann man keine einheitliche Stoßrichtung entwickeln.“
Es dürfte also bei dem Versuch bleiben, Putin mit symbolischen Drohungen zu beeindrucken. Dazu gehören vermehrte Manöver in Osteuropa, ein neues Hauptquartier für Einsatzplanung in Stettin und – wieder einmal – der Hinweis auf die Schnelle Eingreiftruppe. Ein Machtwort sollen dann die Staats- und Regierungschefs im September sprechen.