Ein gesundheitliches Risiko bestand nicht, aber die Verbraucher wurden übel getäuscht: angeblicher Wildfisch, der in Wirklichkeit aus dem Zuchtbecken stammte. Lasagne mit Rindfleisch, das tatsächlich vom Pferd kam. Das war 2013. Gestern zog das Europäische Parlament Konsequenzen und winkte eine Reform der Lebensmittelüberwachung durch, die gründlich aufräumen soll.
„Jetzt kann Betrug wirksam bekämpft werden“, sagte die österreichische Sozialdemokratin Karin Kadenbach, die für das Thema in der europäischen Volksvertretung verantwortlich zeichnete. Wo es noch Lücken in der Kontrollkette zwischen Stall und Gabel gab, sollen diese nun geschlossen bleiben. Lebensmittel- und Futtersicherheit, Veterinär- und Pflanzenschutz, ökologische Erzeugung und Überprüfung der geschützten geografischen Angaben – all das müssen sich die regional zuständigen Prüfer künftig vornehmen. Wichtigste Neuerung: Die Zahl der unangemeldeten Besuche von Experten auf Höfen und in den weiterverarbeitenden Einrichtungen wie Schlachthöfen wird erhöht. Und zwar gründlich.
Kadenbach: „Wir wollen, dass beispielsweise auch der Tierschutz beachtet wird. Deshalb ist vor, während und nach der Schlachtung ein Tierarzt verantwortlich.“ Dazu kommen verschärfte Sanktionen bei Verstößen oder Irreführung von Verbrauchern. 16 verschiedene Rechtsvorschriften, Verordnungen und Richtlinien wurde zusammengefasst. Sogar beim Bundesverband der Verbraucherzentralen ist man von dieser Entschlossenheit angetan: „Derzeit gehen die Behörden einem Betrug eher nur dann nach, wenn eine Gesundheitsgefährdung droht“, sagte Verbraucherschutz-Expertin Jutta Jaksche. „Für mehr fehlen ihnen die Kapazitäten. Das könnte sich mit der neuen Verordnung ändern.“
Tatsächlich enthalten die neuen Vorschriften dazu tiefgreifende Änderungen. So dürfen die Kontrolleure ab Inkrafttreten des Gesetzespaktes Mitte Dezember 2019 die Kosten für ihre Prüfungen auf die Unternehmen umlegen, was den finanziellen Spielraum der Behörden erweitert. Allerdings sollen kleine Handwerksbetriebe davon verschont bleiben. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, sogenannte Whistleblower besser zu schützen, um auf diese Weise schneller und einfacher an gezielte Hinweise für Lebensmittelbetrug zu kommen.
„Außerdem dürfen die Prüfer Lebensmittel anonym bestellen und diese dann offiziell als Probe verwenden“, erklärte Verbraucherschützerin Jaksche – ein wichtiges zusätzliches Instrument, um Schwarzen Schafen der Branche auf die Schliche zu kommen.
„Falsche Bio-Eier und Pferdefleisch in der angeblichen Rinder-Lasagne gehören definitiv nicht auf den Speiseplan“, begrüßte die sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Susanne Melior die neuen Regeln. „Erstmals müssen in allen Mitgliedstaaten die gleichen Vorschriften angewendet werden“, sagte der Grünen-Parlamentarier Martin Häusling. Und auch der CDU-Europa-Politiker Peter Liese sprach von einem „Meilenstein für den Verbraucherschutz“.