Nach dem Terroranschlag von Sousse, bei dem am 26. Juni 38 Touristen starben, zieht die tunesische Regierung die Zügel an und verhängt den Ausnahmezustand. Staatspräsident Béji Caid Essebsi begründete dies in einer TV-Ansprache an die elf Millionen Tunesier mit der „Ausbreitung des Terrorismus“, der aus dem zerfallenden Nachbarland Libyen nach Tunesien herüberschwappe. Mit der Ausrufung des Staatsnotstandes erhalten die Sicherheitskräfte zahlreiche Sondervollmachten, auch werden das Versammlungsrecht und die Pressefreiheit eingeschränkt.
„Die kontinuierliche Bedrohung, der wir ausgesetzt sind, versetzt das Land in einen Kriegszustand, in dem wir alle notwendigen Mittel benutzen müssen“, sagte Essebsi. Er warnte vor dem Risiko, dass der Terror die Reformen in diesem Ursprungsland des Arabischen Frühlings zunichte machen könnte. „Sollte ein weiterer Terrorangriff wie in Sousse geschehen, wird der Staat zusammenbrechen. Es ist daher meine Pflicht als Staatschef, dies zu verhindern.“ Tunesien ist das einzige arabische Land, in dem nach dem Sturz der Diktatur eine Demokratisierung mit freien Wahlen in Gang kam.
Am 26. Juni hatte ein islamistischer Terrorist in der Urlaubshochburg Sousse das Feuer auf westliche Urlauber am Strand und in einem nahen Hotel eröffnet. Bei dem Angriff waren 30 Briten, drei Iren, zwei Deutsche, ein Belgier, ein Portugiese und ein Russe getötet worden. Der 24-jährige Attentäter Seifeddine Rezgui wurde von der Polizei erschossen. Nach der Attacke übernahm die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung. Der Attentäter soll vor seinem blutigen Anschlag auf ein Hotel in der Tourismusbranche gearbeitet haben. Der 24-Jährige sei als Animateur tätig gewesen, sagte Ministerpräsident Habib Essid einer Zeitung. Außerdem sei der Terrorist Mitglied eines Tanzclubs gewesen.
Inzwischen wurden acht mutmaßliche Terrorhelfer in Tunesien festgenommen. Tunesiens parteiloser Regierungschef Habib Essid hatte eingeräumt, dass die Polizei bei dem Terrorangriff erst mit großer Verspätung eingriff. Etwa eine halbe Stunde nach Beginn des Massakers sollen die ersten Beamten am Tatort eingetroffen sein. Der für die Sicherheit zuständige Gouverneur der Region Sousse wurde wegen dieser schweren Panne entlassen. Die tunesische Regierung beklagt seit längerem, dass ihre Sicherheitskräfte nicht ausreichend auf die Bekämpfung des Terrors vorbereitet seien.
Das Ausnahmerecht gilt für einen Monat, kann aber dann verlängert werden. Zuletzt war der Notstand während des politischen Umsturzes im Jahr 2011 verhängt worden und dann drei Jahre in Kraft geblieben.