Tunesien sucht weiter nach Wegen aus der schweren Regierungskrise. An diesem Montag will der als gemäßigt geltende Premierminister Hamadi Jebali erneut mit den Regierungsparteien verhandeln. Jebali will das Land mit einem Expertenkabinett aus der Krise führen. Das lehnt die islamistische Ennahda-Partei strikt ab.

Mit einer als „Marsch der Millionen“ angekündigten Demonstration unterstützten am Samstag Zehntausende Menschen die Ennahda-Partei. In Tunis skandierten Teilnehmer Parolen für eine starke Partei: „Die Unterstützung von Ennahda ist Pflicht!“

Die Spitze der wichtigsten Regierungspartei agierte damit erneut gegen ein Expertenkabinett. Jebali, selbst Ennahda-Mitglied, hatte ursprünglich seinen Rücktritt für den Fall angedroht, dass seine Pläne nicht umgesetzt werden.

Nach Verhandlungen am Freitag sprach Jebali aber von „Entwicklung und Fortschritt in allen Punkten“. Wichtiger als Fristen seien die Interessen Tunesiens und eine Lösung für die Menschen.

Gegen Kabinett der Technokraten

Während der Kundgebung am Samstag sprach sich Ennahda-Chef Rached Ghannouchi noch einmal gegen ein Kabinett ohne Politiker aus. „Ennahda bleibt an der Macht, solange die Menschen sie wählen“, sagte Ghannouchi. „Das Ziel einer Regierung von Technokarten ist ein Putsch gegen die Rechtmäßigkeit“ der Regierung. Die Revolution müsse verteidigt werden.

Nach der Ermordung des Oppositionspolitikers Chokri Belaid Anfang Februar wollte Jebali mit der Expertenregierung die Lage im Land entschärfen. Hochrangige Mitglieder der islamistischen Ennahda sind dagegen. Die Ennahda führt die Übergangsregierung, die im Ursprungsland des Arabischen Frühlings nach dem Sturz von Langzeitherrscher Zine el Abidine Ben Ali im Januar 2011 gebildet worden war. Beteiligt sind auch die Mitte-Links-Partei CPR um Staatspräsident Moncef Marzouki und die sozialdemokratische Partei Ettakatol von Mustapha Ben Jaâfar. Er leitet auch die verfassungsgebende Versammlung.