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KILIS
Türken kaufen Kinderbräute
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 |  aktualisiert: 17.03.2016 03:38 Uhr

Der Juwelier Ali Caliskan in der türkischen Stadt Kilis an der Grenze zu Syrien hat neuerdings eine neue Sorte Kunden. Es sind Männer aus Zentralanatolien oder von der türkischen Schwarzmeerküste, die nach Kilis kommen und bei ihm einen Ring, ein Paar Ohrringe oder einen Armreif kaufen. „Dafür kriegen sie dann eine syrische Kinderbraut und nehmen sie mit“, sagte Caliskan der Zeitung „Hürriyet“. In Kilis leben mehr Syrer als Türken, viele syrische Familien nagen am Hungertuch. Und deshalb werden immer mehr Mädchen im Kindesalter „verkauft“.

Hasan Kara, Bürgermeister von Kilis, räumte das Problem gegenüber „Hürriyet“ ein. Doch er ist machtlos dagegen, denn immer mehr Männer nehmen sich eine Syrerin – auch wenn sie schon verheiratet sind. Eine türkische Hausfrau in der Stadt, die nur ihren Vornamen Filiz nennen wollte, berichtete der Zeitung, ihr Mann, Vater von zwei Kindern, habe sich eine 15-jähriger Syrerin als Zweitfrau zugelegt.

Polygamie untersagt

Polygamie ist in der Türkei eigentlich verboten, wird aber häufig doch hingenommen. Die wirtschaftliche Notlage vieler der rund 2,7 Millionen Flüchtlinge im Land macht es für Türken billiger, neben der offiziellen Ehefrau per islamischer Zeremonie noch eine junge Syrerin zu heiraten. Wie das Beispiel des Juweliers Caliskan zeigt, reicht manchmal schon ein goldener Ring als Brautgeld aus. Rechtlich haben diese sogenannten „Imam-Ehen“ jedoch keinen Bestand, doch das hilft den betroffenen Frauen und Mädchen auch nicht weiter. Häufig werden 15-jährige Mädchen dabei mit 50 oder 60 Jahre alten Männern verheiratet.

In einem neuen Bericht, der kurz vor dem Weltfrauentag an diesem Dienstag veröffentlicht wurde, schlägt die türkische Ärztevereinigung TTB Alarm. Syrische Mädchen „sind gezwungen oder werden gezwungen, als Zweit- oder Drittfrau zu heiraten“, heißt es in dem Bericht. Andere müssten sich als Prostituierte verdingen, um ihren Familien das Überleben zu sichern. Außerdem gebe es Hinweise darauf, dass syrische Frauen von Menschenhändlern als Sex-Sklaven verkauft würden.

Zwangsheiraten

Organisierter Menschenhandel ist auch bei den Zwangsheiraten und bei der Verheiratung von Kinderbräuten im Spiel, erklärte die TTB. In den meisten Fällen, in denen türkische Männer eine syrische Zweitfrau suchten, würden Vermittler eingeschaltet, berichten die Experten. Auch das Brautgeld werde an die Vermittler bezahlt. Die syrischen Flüchtlingsfamilien sehen den „Handel“ mit ihren Töchtern demnach zum einen als Einnahmequelle, zum anderen aber auch als Chance, zumindest ein Mitglied der Familie aus der unsicheren Existenz als Heimatlose zu befreien und in die – angebliche – Sicherheit einer türkischen Familie zu bringen.

Da immer mehr Männer eine Zweitfrau haben, verlieren die Frauen gegenüber ihren Gatten jeden Einfluss. Filiz, die Hausfrau in Kilis, berichtete in „Hürriyet“, bei jedem Streit weise ihr Mann sie darauf hin, dass er ja noch eine Frau habe. Wenn Filiz von ihrem Gatten verlassen wird, hat sie kein Einkommen mehr – wie viele Türkinnen ist sie völlig von ihrem Ehemann abhängig.

Gewalt gegen Frauen

Während sich die Gewichte innerhalb vieler Ehen dramatisch verschieben, nimmt die Gewalt gegen Frauen in der Türkei immer weiter zu. Nach einer Zählung der Organisation „Wir Stoppen die Gewalt gegen Frauen“ wurden im vergangenen Jahr 303 Frauen von ihren Männern, Lebenspartnern oder Ex-Gatten ermordet. Das entspricht einem Anstieg von mehr als 20 Prozent innerhalb von zwei Jahren.

 
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