zurück
DAMASKUS
Türkei will Syrien „nicht sich selbst überlassen“
Proteste gegen Baschar al-Assad: Ausgewanderte Syrer demonstrieren in Katar gegen das brutale Vorgehen von Machthaber Assad.
Foto: rtr | Proteste gegen Baschar al-Assad: Ausgewanderte Syrer demonstrieren in Katar gegen das brutale Vorgehen von Machthaber Assad.
Von unserem Korrespondenten Gil Yaron
 |  aktualisiert: 24.05.2022 09:42 Uhr

Nachdem ein Antrag der Arabischen Liga zur Verurteilung Syriens vor dem Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen am Veto Chinas und Russlands scheiterte, sucht die Welt nach neuen Auswegen, um der Krise in Damaskus Herr zu werden. Lange stand die Türkei der Arabischen Liga eine Führungsrolle zu, jetzt zeigt Ankara wieder Profil: „Wir können Syrien nicht sich selbst überlassen“, sagte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu. Es sei „Zeit, dem syrischen Volk mit einer deutlichen Botschaft zu zeigen, dass wir zu ihm stehen“.

Eine internationale Konferenz irgendwo im Nahen Osten werde sich „so bald wie möglich“ mit Syrien befassen. Genauere Angaben machte Davutoglu nicht. Ebenso wenig erläuterte er, welche Schritte dabei unternommen werden könnten. Davutoglu schwieg sich über die Hilfe aus, die sein Land der syrischen Opposition bereits gewährt.

Die Türkei hat nicht nur Tausende Flüchtlinge aufgenommen, sondern gewährt auch der Führung der aufständischen Freien Syrischen Armee (FSA) Schutz. Offizielle Quellen dementieren, dass Ankara der FSA auch militärische Hilfeleistungen böte. Einen Bericht aus Damaskus, laut dem 49 türkische Geheimdienstler in Syrien gefasst worden seien, bezeichnete Davutoglus Berater Gürcan Balik als „völlig falsch“. Dennoch ist das Regime in Damaskus über die Türken erbost und droht, sich mit der Unterstützung für kurdische Terrororganisationen zu revanchieren. Sollte das geschehen, „werden wir nicht still bleiben“, drohte Davutoglu zurück.

Im Gegensatz zu den allgemeinen Verlautbarungen aus Ankara hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen konkreten Vorschlag. Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil al Arabi habe ihn angerufen und gebeten, gemeinsam eine neue Beobachtermission nach Damaskus zu entsenden. Eine erste Mission mit 165 Beobachtern der Arabischen Liga war im Dezember in Syrien eingetroffen. Sie wurde aber kurz danach wieder abgezogen, als klar wurde, dass sie das Blutvergießen im Land nicht stoppen konnte. Eine neue Mission müsse „mehr Mitglieder haben und besser ausgerüstet sein“, sagte Arabi. Ihr Mandat müsse weiter reichen als bisher. Die Arabische Liga will am Sonntag über einen solchen Schritt beraten. Auch die EU will ihre Gangart gegenüber Damaskus verschärfen: Man erwäge ein Handelsverbot für Gold, Diamanten und vor allem Phosphate, eins der wichtigsten syrischen Exportgüter, hieß es aus Brüssel.

Unterdessen erhöhte China den Druck auf Syriens Präsident Baschar al-Assad. Dort empfing der stellvertretende Außenminister Zhai Jun eine Delegation des Syrischen Nationalen Koordinationsrats für Demokratischen Wandel zu Gesprächen. Der Koordinationsrat ist eine gemäßigte Oppositionsbewegung, die den Dialog mit Assads Regime befürwortet und fremde Einmischung in Syrien ablehnt. Das Treffen war ein klares Zeichen Pekings an Assad, Reformen schneller durchzuführen.

Der setzte daheim aber weiterhin auf rohe Gewalt. In der Millionenstadt Homs verschärften seine Truppen ihre fünf Tage alte Offensive, in deren Rahmen inzwischen täglich zig Menschen ums Leben kommen. Die meisten fallen dabei wahllosem Artilleriebeschuss ganzer Stadtteile zum Opfer, doch Hunger, Durst, Kälte und mangelnde medizinische Versorgung machen bei einer katastrophalen Versorgungslage immer mehr Bürgern zu schaffen. „Die Menschen in Homs brauchen jetzt Grundnahrungsmittel. Sie sollten aus der Luft abgeworfen werden, wie es die Amerikaner in Kurdistan in den 90er Jahren taten“, sagte ein Aktivist dem arabischen Satellitensender Al-Arabiyah.

Opposition droht zu zersplittern

In Homs rückt die Armee mit Panzern in die Wohnviertel der Rebellen vor. Dabei wird sie von den halb-offiziellen „Schabiha“ Milizen unterstützt, die von der Opposition für ein neues Blutbad verantwortlich gemacht werden. Sie sollen in der Nacht zum Donnerstag 20 Personen der Familien Rantawi, Tirkawi und al-Samel in ihren Häusern mit Messern ermordet haben. Vor wenigen Wochen hatten Milizionäre eine andere Familie samt Kindern in ihrer Wohnung getötet. Während Assads Kräfte systematisch vorgehen, droht die ohnehin zerstrittene Opposition weiter zu zersplittern. Der desertierte General Mustafa Ahmad al Scheich erklärte sich in der Türkei zum Chef eines „Hohen Militärrats“, der Syrien von Assads Herrschaft befreien und die FSA ersetzen will. FSA Kommandant Oberst Rifat denkt aber nicht daran, sich al Scheich unterzuordnen. Man könne die Führung der Armee nicht „jedem übergelaufenen General übergeben. Sie muss einen Führer haben“, und der sei Assad, sagte ein Sprecher der FSA.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ahmet Davutoğlu
Arabische Liga
Armee
Ban Ki Moon
Nationen
Türkische Außenminister
UNO
Vetorecht
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen