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ANKARA
Türkei bombardiert Kurden im eigenen Land
Kurdin im Südosten der Türkei: Dort flog das türkische Militär Luftangriffe gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK.
Foto: Aris Messinis, afp | Kurdin im Südosten der Türkei: Dort flog das türkische Militär Luftangriffe gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK.
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 |  aktualisiert: 24.05.2022 09:39 Uhr

Armee und PKK-Rebellen in der Türkei haben sich die ersten ernsthaften militärischen Auseinandersetzungen seit zwei Jahren geliefert: Soldaten gingen gegen PKK-Stellungen in Südostanatolien vor. Der Friedensprozess zwischen dem türkischen Staat und der PKK steht damit auf der Kippe. Dennoch signalisierte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu eine harte Haltung gegenüber den jüngsten Kurdenprostesten und lehnte auch ein Eingreifen in der umkämpften nordsyrischen Stadt Kobane erneut ab.

Der türkische Generalstab teilte am Dienstag mit, PKK-Trupps hätten einen Stützpunkt in der Provinz Hakkari nahe der Grenzen zu Irak und Iran angegriffen. Die Armee habe das Feuer erwidert und die „Terroristen zum Schweigen gebracht“. Nach türkischen Medien und Angaben der PKK startete die Türkei auch Luftangriffe gegen die Rebellen in Hakkari, was von türkischen Behörden aber zunächst nicht bestätigt wurde.

Die Tatsache, dass die Türkei ihre Armee im eigenen Land gegen die kurdische PKK einsetzt, Angriffe auf den Islamischen Staat (IS) zugunsten der kurdischen Verteidiger von Kobane aber ablehnt, dürfte die Kritik an Ankara weiter anfachen, twitterte der in London lebende Türkei-Experte Ziya Meral. Möglicherweise habe die PKK die türkischen Militärschläge sogar provozieren wollen, um die Türkei „in die Ecke zu drängen“, fügte er hinzu. Schon vergangene Woche soll die PKK im südosttürkischen Kurdengebiet zwei Polizisten getötet haben.

Damit kehrt die Gewalt zurück ins Kurdengebiet. Der inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan rief im Rahmen seiner 2012 begonnenen Friedensgespräche mit der türkischen Regierung im Frühling 2013 eine Waffenruhe aus, worauf die Kämpfe in Südostanatolien weitgehend eingestellt wurden. Zum ersten Mal seit Beginn des PKK-Aufstandes vor 30 Jahren gab es Hoffnung auf einen dauerhaften Frieden. Doch der Friedensprozess brachte bisher keinen Durchbruch, und die Schlacht um Kobane verschlechterte die Stimmung weiter.

Verärgerung im In- und Ausland

Die Türkei hat zwar fast 200 000 Flüchtlinge aus dem Großraum Kobane aufgenommen, will den Kurden in der vom IS belagerten Stadt aber nicht militärisch helfen, weil sie eine Stärkung der PKK und ihres syrischen Ablegers PYD befürchtet. Im In- und Ausland sorgt diese Haltung für Verärgerung. Bei Kurdenprotesten gegen die Syrien-Politik Ankaras starben vergangene Woche in der Türkei fast 40 Menschen. Öcalan erhöhte den Druck, indem er konkrete Schritte Ankaras zur Rettung der Verhandlungen forderte. Der PKK-Chef setzte der türkischen Regierung eine Frist bis zu diesem Mittwoch, doch statt Versöhnungsgesten gab es die Gefechte in Hakkari.

Noch bekennen sich beide Seiten zum Friedensprozess. Am Montag ließ die Regierung der Kurdenpartei HDP die Eckpunkte eines Fahrplans für den weiteren Verlauf der Friedensgespräche zukommen. Ziel der Verhandlungen ist eine endgültige Entwaffnung der PKK bei gleichzeitiger Stärkung kurdischer Rechte.

Gleichzeitig setzen Davutoglu und Präsident Recep Tayyip Erdogan mit Blick auf nationalistische Wähler und die Parlamentswahl im nächsten Jahr auf eine kompromisslose Linie gegenüber den Kurdenprotesten. Davutoglus Regierung arbeitet an einer Verschärfung des Demonstrationsstrafrechts, um Kundgebungen leichter unterbinden zu können. Erdogan sagte, mit den Neuregelungen würden die „Straßen von Vandalen gesäubert“.

Elektronische Fußfessel stoppt Salafisten nicht

Ein radikaler Islamist aus Hessen ist trotz einer elektronischen Fußfessel in Richtung Syrien ausgereist. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) bestätigte in Wiesbaden Informationen des ARD-Magazins „Report Mainz“. Vermutet wird der 24-Jährige derzeit bei Salafisten in Syrien. Die Ausreise gewaltbereiter Islamisten könne nach derzeitiger Rechtslage nicht verhindert werden, sagte Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU). Von einem Skandal sprach die FDP-Landtagsopposition, Kritik gab es aber auch auf Bundesebene. Der 24-Jährige war den deutschen Behörden von salafistischen Aktionen bekannt. Im November 2013 wurde er nach einem mutmaßlichen Tresordiebstahl in Haft genommen, weil er auf gepackten Koffern saß und Deutschland verlassen wollte. Anfang Dezember erhielt er vom Gericht Haftverschonung – unter Auflage einer elektronischen Fußfessel. Die Ausweispapiere wurden ihm abgenommen. Am 1. Mai sendete die Fußfessel zum letzten Mal ein Signal. Nun wird nach dem 24-Jährigen europaweit per Haftbefehl gefahndet. Text: dpa

 
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