Bei der Parlamentswahl in Griechenland zeichnete sich am Sonntagabend ein klarer Sieg des Linksbündnisses Syriza und des bisherigen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ab. Nach Hochrechnungen vom Sonntagabend kam Syriza auf gut 35 Prozent. Die konservative Nea Dimokratia (ND) musste sich mit knapp 29 Prozent deutlich geschlagen geben. Tsipras hat sich damit klarer behaupten können, als es die Meinungsumfragen der vergangenen Wochen erwarten ließen. Die Demoskopen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt. Tsipras blieb nur wenig unter seinem Ergebnis von der vorangegangenen Wahl. Ende Januar hatte Syriza 36,4 Prozent erreicht. Wie damals hat er allerdings sein Wahlziel, die absolute Mehrheit, erneut verfehlt.
Auf Platz drei lag in den ersten Prognosen die neofaschistische Partei Goldene Morgenröte mit rund sieben Prozent Stimmenanteil. Den Einzug ins neue Parlament haben nach diesen Wählerbefragungen auch die Kommunistische Partei, die sozialdemokratische Pasok und die Mitte-Links-Partei To Potami sowie die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen geschafft, mit denen Tsipras während der vergangenen acht Monate koaliert hatte. Tsipras hatte schon vor der Wahl eine Fortsetzung dieser Koalition angekündigt.
Knapp zehn Millionen Griechinnen und Griechen waren am Sonntag aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die vorgezogene Wahl wurde nötig, nachdem Tsipras im Juli die Unterstützung von Teilen seiner Partei für das neue Sparprogramm verloren und seinen Rücktritt erklärt hatte. Um die 300 Mandate im neuen Parlament bewarben sich 14 Parteien und fünf Wahlbündnisse – darunter auch die Abweichler vom linksextremen Syriza-Flügel, die unter dem Banner der Volkseinheit zu dieser Wahl antraten, allerdings an der Dreiprozenthürde scheiterten.
In der Schlussphase des Wahlkampfs warben die Führer der beiden großen Parteien vor allem um die Stimmen jener rund 650 000 Wahlberechtigten, die nach Erkenntnissen der Demoskopen wenige Tage vor der Wahl noch unentschlossen waren. Syriza-Chef Alexis Tsipras appellierte bei der Abschlusskundgebung seiner Partei auf dem Athener Syntagmaplatz am Freitagabend an die Wähler, „einen Schlussstrich unter das Kapitel des alten Systems“ zu ziehen, die „Ketten der Vergangenheit zu sprengen“ und „Griechenland in Würde voranzubringen“. Der ND-Vorsitzende Meimarakis sagte, Tsipras sei „ein Verkäufer falscher Hoffnungen“. Er nannte Tsipras‘ bisherige Regierungszeit „eine einzige Katastrophe“.
Kooperation ist angesagt
Nach der Wahl ist jetzt allerdings nicht Konfrontation, sondern Kooperation angesagt. Viel Zeit haben die griechischen Politiker nicht, sich auf eine Koalition zu einigen. Schon in den nächsten Wochen muss der künftige Finanzminister dem Parlament einen Nachtragshaushalt für 2015, das Budget 2016 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2019 zur Beratung vorlegen.
Die künftige Regierung steht vor schwierigen Aufgaben und unpopulären Entscheidungen. Tsipras hat zwar im Juli das neue Anpassungsprogramm unterschrieben, das dem Land frische Hilfskredite von bis zu 86 Milliarden Euro sichern soll. Dank der Unterstützung der Konservativen und zweier weiterer Oppositionsparteien gelang es Tsipras auch, die Kreditverträge noch vor der Wahl durchs Parlament zu bringen – gegen den erbitterten Widerstand des linksextremen Syriza-Flügels, der sich schließlich abspaltete.
Doch bereits im Oktober muss das neue Parlament weitere Spar- und Reformschritte beschließen, damit die Hilfsgelder planmäßig ausgezahlt werden können. Dazu gehören Steuererhöhungen und weitere Rentenkürzungen. Ein politisch besonders brisantes Kapitel ist die geplante Streichung von Steuerprivilegien der griechischen Landwirte. Die Geldgeber erwarten auch, dass nun die seit Jahren immer wieder auf die lange Bank geschobenen Privatisierungen endlich vorankommen. Als Prüfstein gilt die bereits 2014 von der damaligen Regierung beschlossene, von Tsipras aber in seiner ersten Regierungszeit gestoppte Vergabe einer Betriebskonzession für 14 griechische Regionalflughäfen an den deutschen Flughafenbetreiber Fraport. Keinen Aufschub duldet auch die Rekapitalisierung der angeschlagenen griechischen Banken.