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WASHINGTON
Trump wirbt vergeblich um die Demokraten
US President Donald Trump delivers the State of the Union address       -  US-Präsident Donald Trump scheint zufrieden mit seiner Rede zur Lage der Nation. Im Hintergrund spenden Vize-Präsident Mike Pence (links) und Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, Beifall.
Foto: Win McNamee, afp | US-Präsident Donald Trump scheint zufrieden mit seiner Rede zur Lage der Nation. Im Hintergrund spenden Vize-Präsident Mike Pence (links) und Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, Beifall.
Thomas Seibert
 |  aktualisiert: 09.02.2018 03:13 Uhr

Donald Trumps erste Rede zur Lage der Nation ist noch keine fünf Minuten alt, als zum ersten Mal jenes magische Wort fällt, das der US-Präsident an diesem Abend in Washington besonders herausstreichen will: „Zusammen.“ Amerikanische Politiker müssten an einem Strang ziehen, um die Probleme des Landes zu lösen, sagt er. „Zusammen können wir absolut alles erreichen“, wird er wenige Minuten später betonen. Ist Trump, der Spalter, plötzlich zum Versöhner geworden? Die Antwort gibt der 71-Jährige im Verlauf seiner 80-minütigen Rede selbst. Trumps Vorstellung von Gemeinsamkeit läuft darauf hinaus, dass seine Gegner seinen Plänen zustimmen.

Die Rede zur Lage der Nation gehört zu den Traditionen der amerikanischen Politik. Sie ist eine Gelegenheit, die Einheit der Nation und die gemeinsamen Interessen aller Amerikaner zu beschwören. Auch Trump, der als Wahlkämpfer und Präsident rüde mit seinen Gegnern umspringen kann, bemüht sich in einigen Passagen um Konsens und Ausgleich. „Dies ist unser neuer amerikanischer Moment“, sagt er. „Es gab nie eine bessere Zeit, den amerikanischen Traum zu leben.“

Er ruft Republikaner und Demokraten auf, ihre Differenzen zugunsten der Menschen im Land zurückzustellen. „Lasst uns zusammenkommen, die Politik beiseiteschieben und die Sache endlich regeln“, sagt er über die Einwanderungspolitik. Vom Kongress verlangt er 1,5 Billionen Dollar, um die amerikanische Infrastruktur zu modernisieren.

Trumps Republikaner jubeln nach fast jedem Satz des Präsidenten, doch die oppositionellen Demokraten sitzen meist mit versteinerten Gesichtern da. In ihren Reihen regt sich nur selten eine Hand, um dem Präsidenten Applaus zu spenden. Was ist schiefgegangen?

Im politischen Alltag ist Trump dafür bekannt, dass er rhetorisch aus der Hüfte schießt, unüberlegt twittert oder Dinge sagt, mit denen er sich selbst das Leben schwer macht. Das sollte ihm bei dieser Rede nicht passieren. Wochenlang hat sich der Präsident mit seinen engsten Beratern auf die Ansprache vor beiden Kammern des Kongresses vorbereitet. Selbst während seines Ausflugs zum Weltwirtschaftsforum in Davos vergangene Woche arbeitete er an Entwürfen. Einige Male nahm er abends einen Redetext mit ins Bett und präsentierte am nächsten Morgen etliche Korrekturen.

An mangelnder Sorgfalt kann es also nicht gelegen haben, dass Trumps Angebote an die Opposition in der Rede kein politisches Streitthema in Washington weiterbringen. Der Präsident braucht die Mitarbeit der Demokraten bei der Reform der Zuwanderungspolitik – doch vor dem Kongress wiederholt er lediglich einen Vorschlag, der von der Gegenseite längst abgelehnt worden ist: Im Gegenzug für Milliardensummen für den Bau seiner Mauer an der Grenze zu Mexiko will Trump die Einbürgerung der sogenannten „Dreamers“ ermöglichen, Einwanderer, die als Kinder ohne gültige Papiere in die USA kamen.

Gibt es keine Einigung, sollen die „Dreamers“ ab März abgeschoben werden. Der Präsident stellt sie auf eine Stufe mit kriminellen Ausländern und fordert, die Zuwanderung müsse begrenzt werden, damit die US-Bürger in Frieden ihre Träume verwirklichen könnten: „Auch Amerikaner sind Dreamers“, sagt er. Den Demokraten signalisiert die Formulierung, dass sie keine neuen Kompromisse von Trump zu erwarten haben.

Überhaupt tritt der Präsident trotz aller Bekenntnisse zur überparteilichen Zusammenarbeit eher selbstgerecht auf. Auch nimmt er es mit den Fakten nicht immer sehr genau. So behauptet er, unter seiner Regierung gehe es mit Löhnen und Gehältern erstmals wieder nach oben – der Trend begann aber schon im Jahr 2014, wie die „Washington Post“ klarstellt.

Der Präsident beklagt, die Verlosung von US-Aufenthaltsgenehmigungen für Menschen aus anderen Staaten, die er abschaffen will, bringe Einwanderer ohne Rücksicht auf deren Ausbildungsstand oder auf mögliche Gewalttätigkeit ins Land – doch die Teilnehmer der Auslosung werden eingehend geprüft.

Auch Trumps Begründung für seinen Plan, das Straflager Guantánamo auf Kuba weiter betreiben zu lassen, wirft Fragen auf. Er beklagt, die USA hätten bisher Gewalttäter wie Abu Bakr al-Bagdadi, den Chef des Islamischen Staates, aus der Haft entlassen, nur um sie anschließend erneut auf den Schlachtfeldern anzutreffen – doch Bagdadi war im Irak inhaftiert, nicht in Guantánamo.

Mindestens genauso interessant wie Trumps Ankündigungen sind die Dinge, die in seiner Ansprache nicht vorkommen. Den Russland-Skandal zum Beispiel erwähnt er nicht, obwohl die amerikanischen Geheimdienste dem Kreml Manipulationsversuche bei der Präsidentenwahl 2016 vorwerfen und sich auf neue russische Störaktionen bei den anstehenden Kongresswahlen im Herbst einstellen.

Dass Trumps Gegner von der Ansprache enttäuscht sind, überrascht deshalb niemanden. „Leere Rhetorik“, lautet das Urteil des demokratischen Senators Cory Booker, dem Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur 2020 nachgesagt werden. Am Ende des langen Abends stehen sich die beiden politischen Lager so unversöhnlich gegenüber wie vorher.

 
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