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WASHINGTON
Trump muss weg – nicht nur wegen des Russlandberichts
Bearbeitet von Karl Doemens
 |  aktualisiert: 11.12.2019 21:34 Uhr

Der Mann ist ein notorischer Lügner. Er hat weder Respekt vor dem Gesetz noch vor der Würde seines Amtes. Die Rede ist – man ahnt es schon – von Donald Trump. Der jetzt veröffentlichte Bericht des Sonderermittlers Robert Mueller über die Tabubrüche des US-Präsidenten wäre als Drehbuch für eine Politsatire wahrscheinlich wegen Überzeichnung durchgefallen. Tatsächlich beruht der 448-seitige Wälzer auf der Vernehmung von mehr als 100 Zeugen. Die Wirklichkeit stellt die Fiktion in den Schatten.

Trotzdem wird es nun keinen Tsunami der Empörung geben, der Trump aus dem Oval Office fegt. Im Kern enthält der Bericht nämlich wenig spektakulär Neues. Vom geforderten Kotau des damaligen FBI-Chefs James Comey über die Vertuschung eines Treffens von Trump-Beratern mit einer Kreml-Vertrauten bis zum versuchten Rausschmiss von Mueller belegt das Konvolut vielmehr mit erdrückender Detailfülle zahllose Medienberichte, die der Präsident als „Fake News“ zurückgewiesen hatte. Trumps Kritiker können sich auf beunruhigende Weise bestätigt fühlen. Und die hartgesottenen Anhänger des Präsidenten sehen ihr Idol einmal mehr als Opfer einer linken Kampagne.

Einen „totalen Freispruch“ für Trump gibt es nicht

Natürlich ist es Unsinn, wenn Trump nun behauptet, er habe einen „totalen Freispruch“ erfahren. Tatsächlich hat Mueller viele Belege für die versuchte Einmischung Russlands in den US-Wahlkampf und für Kontakte mit Trump-Vertrauten zusammengetragen. Eine koordinierte Absprache oder Verschwörung konnte er allerdings nicht nachweisen. Schwerwiegender wiegt der Verdacht der Justizbehinderung. In mindestens zehn Fällen hat Trump versucht, Einfluss auf die Untersuchungen zu nehmen. Mueller betont ausdrücklich, dass er den Präsidenten in diesem Punkt nicht freisprechen kann.

So ist die Russland-Affäre mit dem Vorliegen des Berichts keineswegs abgeschlossen. Offen bleibt vor allem, weshalb sich Trump von Anfang an gegen die Untersuchung gewährt hat. „Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin im Arsch“, zeterte er im Mai 2017 hinter verschlossenen Türen. In der Folgezeit griff er die Ermittler mehr als tausend Mal bei Twitter an, tat alles, um ihre Arbeit zu erschweren und drängte mehrere Mitarbeiter zu Falschaussagen. Warum das alles, wenn es nichts zu verbergen gab?

Vieles wird wohl für immer im Dunkeln bleiben

Dass Trump sich einer direkten Befragung entzog und bei seinen schriftlichen Antworten angebliche Erinnerungslücken geltend machte, ist ebenso unbefriedigend wie die fehlende Aufklärungsbereitschaft des russischen Geheimdienstes und der Enthüllungsplattform Wikileaks. Doch die bittere Wahrheit ist: Was Sonderermittler Mueller mit seinem Team in fast zwei Jahren nicht aufdecken konnte, wird wohl für immer im Dunkeln bleiben.

Es ist daher richtig, wenn die Demokraten darauf bestehen, dass Justizminister William Barr den kompletten Bericht ohne Schwärzungen zur Verfügung stellen muss. Auch die Befragung Muellers vor einem Parlamentsausschuss zu möglichen Fehldeutungen oder gar Manipulationen seiner Arbeit ist im Sinne der Transparenz und der politischen Hygiene richtig und notwendig. Aber die Opposition sollte der Versuchung widerstehen, die Russland-Untersuchung nun an anderer Stelle noch einmal von vorne aufzurollen.

Abgelöst werden muss Trump im Herbst 2020 an der Wahlurne. Seine tagtäglichen skandalösen Regelverstöße sind dabei ein zentrales Argument. Aber für die Mobilisierung einer breiten Wählerschaft sind überzeugende Kandidaten, attraktive politische Konzepte und ein positiver Zukunftsentwurf für das zerrissene Land ungleich wichtiger.

 
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