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WASHINGTON
Trump macht Politik mit Kurznachrichten
Twitter-Account von Donald Trump       -  Vor einem Monat hatte Donald Trump auf seinem Twitter-Account knapp 17 Millionen Follower. Inzwischen sind es schon 18 Millionen. Der künftige US-Präsident verkündet seine Meinung gerne auf Twitter.
Foto: Foto:Patrick Pleul, dpa | Vor einem Monat hatte Donald Trump auf seinem Twitter-Account knapp 17 Millionen Follower. Inzwischen sind es schon 18 Millionen. Der künftige US-Präsident verkündet seine Meinung gerne auf Twitter.
Dr. Jens Schmitz
Jens Schmitz
 |  aktualisiert: 13.01.2017 03:47 Uhr

18,6 Millionen – so viele Menschen folgen Donald Trump auf Twitter. Noch-Präsident Barack Obama hat 80,4 Millionen. Doch wenn es nach seinem designierten Nachfolger geht, wird der Online-Dienst künftig zu einer neuen Macht: Trump macht Politik mit Kurznachrichten. Der Dienstag (Ortszeit) war dafür ein perfektes Beispiel: Nachdem sie eine elektronische Watschen erhalten hatten, knickten Trumps Parteikollegen im Kongress schon an ihrem ersten Arbeitstag ein. Auch die Industrie erhielt einen Vorgeschmack. Die Geheimdienste kämpften zurück: Sie bezeichneten einen Tweet ihres künftigen Chefs als feindlich und falsch.

Donald Trump schreibt sich den Verzicht auf eine Fabrik in Mexiko zu

Die Republikaner hatten auf einen triumphalen Start gehofft: Im 115. Kongress, der sich am Dienstag konstituiert hat, verfügen sie in beiden Kammern über die Mehrheit; im Weißen Haus zieht mit Trump bald ebenfalls ein Republikaner ein. Doch dessen Agenda deckt sich nicht überall mit derjenigen seiner Partei, und seine politischen Methoden sind in Washington neu: Am Dienstag platzte der impulsive Immobilienmogul per Tweet in die Feierstimmung. Das genügte, um seine Partei zu einem hektischen Kurswechsel zu bewegen.

Sie hatte schon seit Montag unter Feuer gestanden: Da kündigten die Konservativen überraschend eine Abstimmung an, die die Unabhängigkeit einer Ethikkommission abschaffen sollte. Sie untersucht mögliches Fehlverhalten von Abgeordneten. Demokraten hatten heftig gegen den Plan protestiert, nicht zuletzt, weil Trump versprochen hat, vermeintliche Korruption in Washington zu bekämpfen.

Seine Helfer taten den Konflikt zunächst ab, doch am Dienstagmorgen griff der Chef selbst in die Tasten: „Angesichts all der Arbeit, die vor dem Kongress liegt, müssen sie da wirklich die Schwächung der Ethik-Wächter zu ihrer ersten Handlung und Priorität machen, so unfair die sein mögen?“, twitterte der 70-Jährige. Der Plan wurde sang- und klanglos beerdigt. „Der Kongress ist nicht daran gewöhnt, dass ein Präsident auf Twitter geht und das macht“, sagte der republikanische Abgeordnete Lou Barletta dem Magazin „Politico“.

Doch Trump hatte gerade erst angefangen. Eine Stunde später leitete er eine abgeänderte Schlagzeile des konservativen Senders Fox News weiter: „Ford wird mexikanische Produktionsstätte streichen und in Michigan investieren, wegen Trumps Politik.“ Der Autokonzern hatte gerade bekannt gegeben, auf eine geplante Fabrik in Mexiko zu verzichten, die 1,6 Milliarden Dollar kosten sollte. Statt dessen will die Firma 700 Millionen Dollar in ihre Flat-Rock-Anlage im Süden Detroits stecken. Sie erhofft sich 700 neue Jobs.

Unter den Gründen nannte Ford-CEO Mark Fields in der Pressemitteilung auch „die Wachstumspolitik, die Präsident Trump und der neugewählte Kongress vorgeschlagen haben“. Doch in einem CNBC-Interview erklärte er, Trump sei keineswegs der Hauptfaktor gewesen – der habe in der Marktentwicklung gelegen. Den nächsten Ford Focus will das Unternehmen Fields zufolge weiter in Mexiko bauen. Trump ging darauf nicht ein, sondern retweetete eine Schlagzeile des konservativen Boulevardblatts „New York Post“: „Trump liefert jetzt schon die Jobs, die er Amerika versprochen hat.“

Außerdem hatte er eine weitere Fehde angezettelt. „General Motors sendet in Mexiko produzierte Chevy Cruze an US-amerikanische Autohändler – steuerfrei über die Grenze. Stellt sie in den USA her oder zahlt eine hohe Grenzsteuer!“, hatte er am Morgen gedroht. General Motors betonte umgehend, dass die Limousinen-Version des Modells Cruze im US-Bundesstaat Ohio hergestellt werde. Lediglich die größtenteils für den internationalen Markt bestimmte Schrägheck-Variante werde in Mexiko produziert.

Am Abend trat Trump dann noch seinen künftigen Geheimdiensten auf den Fuß: „Das ,Intelligence‘-Briefing über das sogenannte ,russische Hacking‘ wurde auf Freitag verschoben“, schrieb der kommende US-Präsident. „Vielleicht brauchen sie mehr Zeit, um Beweismaterial zusammenzutragen. Sehr merkwürdig!“

„Ich weiß Dinge, die andere nicht wissen.“
Donald Trump hat für diese Woche Enthüllungen versprochen

Mit seinen Anführungszeichen würdigte Trump nicht nur Regierungsangaben zu mutmaßlichen russischen Wahlkampfmanipulationen herab, sondern auch seine künftigen Mitarbeiter: Das Wort „Intelligence“ bedeutet im Amerikanischen sowohl Geheimdienstinformation wie Intelligenz. Der Nachrichtensender NBC erklärte unter Berufung auf hochrangige Mitarbeiter, Trumps Treffen mit Geheimdienstdirektor James Clapper und anderen Spitzenkräften sei immer schon für Freitag terminiert gewesen. Die „New York Times“ berichtete ähnlich.

Der Konflikt zwischen den Sicherheitsdiensten und ihrem künftigen Chef spitzt sich damit zu. NBC-Quellen bezeichneten Trumps Tweet als „feindlich“. Obwohl alle 16 US-Geheimdienste, mehrere private Firmen und auch republikanische Kongressangehörige russische Cyberattacken für erwiesen halten, hat der künftige Präsident sich bislang geweigert, das Thema ernstzunehmen. Am Silvesterabend hatte er erklärt: „Ich weiß Dinge, die andere nicht wissen.“ Entsprechende Enthüllungen hatte er für Dienstag oder Mittwoch dieser Woche versprochen, doch bis Redaktionsschluss am Mittwoch blieben sie aus.

 
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