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WASHINGTON
Trump gerät unter Druck: „Putins Papagei“
FINLAND-US-RUSSIA-POLITICS-DIPLOMACY-SUMMIT       -  Für den Auftritt in Helsinki erntet Donald Trump zuhause verheerende Kommentare: Er sei bei der Frage nach russischen Wahlmanipulationen Russlands Präsident Wladimir Putin viel zu weit entgegengekommen.
Foto: Yuri KAdobnov, afp | Für den Auftritt in Helsinki erntet Donald Trump zuhause verheerende Kommentare: Er sei bei der Frage nach russischen Wahlmanipulationen Russlands Präsident Wladimir Putin viel zu weit entgegengekommen.
Karl Doemens
Karl Doemens
 |  aktualisiert: 02.04.2019 10:59 Uhr
„Es bleibt ein Geheimnis, warum der Präsident nicht gewillt ist, russische Niedertracht anzusprechen.“

Kommentar in der

„New York Times“

Vor ein paar Monaten versprühte Chris Gagin noch ungebremsten politischen Optimismus. „Es ist eine großartige Zeit, in Belmont zu leben, ein Geschäft zu eröffnen und eine Familie großzuziehen“, schwärmte der Republikaner bei seiner Bewerbung für einen Landrats-Posten im Südosten von Ohio. Am Montag klang der 50-Jährige deutlich nüchterner: „Ich trete heute als Vorsitzender der Republikanischen Partei in Belmont County zurück“, erklärte er auf Twitter: „Das ist eine Frage des Gewissens.“ Aber der Auftritt des US-Präsidenten in Helsinki brachte das Fass zum Überlaufen.

Gagin ist nicht der einzige amerikanische Konservative, der sich über Trumps Kuschelkurs mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin erregt. Vor allem Trumps lapidare Bemerkung, er glaube Putins Abstreiten einer Einmischung in den US-Wahlkampf mehr als den detaillierten Erkenntnissen des FBI und der US-Geheimdienste, hat eine Welle der Empörung losgetreten.

Dutzende Top-Republikaner distanzierten sich vom Präsidenten, seine publizistischen Geleitboote, der rechte Sender Fox und die Propagandaseite Breitbart, hatten stundenlang kritische Kommentare auf ihren Webseiten, und die morgendliche Presseschau im Weißen Haus am Dienstag fiel desaströs aus.

Trump habe kein Problem damit, die eigenen Verbündeten als „Versager“ oder „Feinde“ zu diffamieren, kommentierte etwa die „New York Times“: „Es bleibt ein Geheimnis, warum der Präsident nicht gewillt ist, russische Niedertracht anzusprechen.“ Eine Karikatur neben dem Leitartikel zeigte den US-Präsidenten als Putins Papagei. Kaum weniger scharf urteilte die „Washington Post“: „Herr Trump hat offen mit dem kriminellen Führer einer fremden Macht kollaboriert“. Zwar ist Trump gewöhnt, dass ihn linke oder liberale Zeitungen angehen, aber ein Total-Verriss auf der Nachrichtenseite seines Lieblingssenders Fox kommt selten vor. „Trump schien keinen Plan zu haben“, urteilte dort Douglas Schoen: „Es ist schockierend und kritikwürdig, wenn ein Präsident sagt, er glaube ausländischen Regierungschefs mehr als den eigenen Diensten.“

Ungewöhnlich ist auch, dass Trump offenen Widerspruch von seinem Geheimdienstdirektor erntet. „Unsere Einschätzung der Einmischung Russlands in die Wahl 2016 und ihrer andauernden allgegenwärtigen Versuche, unsere Demokratie zu unterminieren, war klar“, betonte Dan Coats, der von Trump selbst berufen worden war. In der Republikanischen Partei begehrten nicht nur die üblichen Abweichler, sondern die komplette erste Reihe auf. „Russland ist nicht unser Freund“, widersprach Mitch McConnell, der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat.

„Es steht außer Frage, dass Russland in unsere Wahlen eingegriffen und versucht hat, die Demokratie hier und im Rest der Welt zu untergraben“, betonte Paul Ryan, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses. Dass sich Abby Huntsman, die Tochter des von Trump ernannten US-Botschafters in Moskau, in einem Tweet öffentlich von ihrem Präsidenten distanzierte und ihm vorwarf, das eigene Land verraten zu haben, dürfte ein einmaliger Vorgang sein.

Noch schmerzlicher für Trump ist wohl die Distanzierung seiner treuesten Verbündeten. So erklärte sein Ex-Berater Newt Gingrich, der den Präsidenten stets verteidigt hat: „Dies ist der schwerste Fehler seiner Präsidentschaft und muss sofort korrigiert werden.“ Senator Lindsey Graham, mit dem Trump gerne Golf spielt, bedauerte, die Positionierung des Präsidenten werde „als Zeichen von Schwäche gesehen“. Allerdings ist fraglich, welche Konsequenzen die Entfremdung der Republikaner von Trump hat. Bislang genießt der Präsident noch große Unterstützung an der Basis, und der Opportunismus ist zu einem Markenzeichen der einstmals prinzipientreuen Partei geworden.

Im privaten Gespräch, berichtet das Nachrichtenportal Politico, würden viele republikanische Politiker achselzuckend fragen: „Was sollen wir denn machen?“ Tatsächlich haben diverse Anhörungen des Kongresses den Präsidenten nicht davon abhalten können, die Erkenntnisse zur russischen Wahl-Einmischung zu ignorieren.

 
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