Die Bombenspürhunde schnüffelten schon am Gepäck, der blaue Militärbus stand mit laufendem Motor vor dem Kapitol, als der Präsident persönlich die Abfahrt der Chefin des US-Repräsentantenhauses zum Luftwaffenstützpunkt Andrews stoppte. „Ich muss Sie leider informieren, dass Ihre Reise nach Brüssel, Ägypten und Afghanistan wegen des Shutdowns verschoben wurde“, teilte Donald Trump seiner demokratischen Gegenspielerin Nancy Pelosi lapidar per Mail mit. Die Delegation blieb frustriert am Boden.
Pünktlich zum zweijährigen Amtsjubiläum von Trump an diesem Sonntag steuert der Haushaltsstreit in den USA damit auf einen bizarren Höhepunkt zu. In einer 50-Punkte-Liste des Weißen Hauses brüstet sich der Präsident mit seinen vermeintlichen Erfolgen. Doch bei seinem wichtigsten Wahlversprechen, dem Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko, kann er seiner Basis mangels Finanzierung keinerlei Fortschritte melden. Mit der Blockade des Haushalts will Trump nun die Freigabe von 5,7 Milliarden Dollar durch den Kongress erzwingen. Rund 800.000 Bundesbedienstete erhalten deshalb seit 29 Tagen kein Gehalt. Und zunehmend entwickelt sich der sogenannte Shutdown (Verwaltungsstillstand) zum Showdown zwischen dem Präsidenten und Pelosi.
Die mächtigste Frau der USA hatte über das durch einen Feiertag verlängerte Wochenende zu einem Truppenbesuch nach Afghanistan fliegen wollen. Auch ein Zwischenstopp in Brüssel samt Gesprächen mit Nato-Vertretern war geplant. Aus Sicherheitsgründen werden solche Reisen üblicherweise geheim gehalten. Mit seiner Intervention, in der Trump den Truppenbesuch als „PR-Ereignis“ diskreditierte, machte er das Vorhaben öffentlich und untersagte zugleich die geplante Nutzung einer Luftwaffenmaschine – ein höchst ungewöhnlicher Vorgang. „Wir werden dem Präsidenten nicht erlauben, dem Kongress die Wahrnehmung seiner politischen Aufsichtspflichten zu verweigern“, protestierte Adam Schiff, der führende Innenpolitiker der Demokraten.
Mit seiner Intervention reagierte Trump offenbar auf eine Spitze von Pelosi, die ihn mächtig geärgert hatte: Am Mittwoch hatte die Parlamentschefin erklärt, leider müsse Trumps für den 29. Januar angesetzte Rede zur Lage der Nation wegen des Shutdowns verschoben werde. Die „State of the Union“, bei der der Präsident im Kongress seine Regierungserklärung für das neue Jahr vorträgt, ist ein zeremonieller Höhepunkt im Washingtoner Polit-Jahr und hätte Trump eine gewaltige mediale Aufmerksamkeit garantiert. Pelosi argumentiert, ein solcher Auftritt zu Zeiten der Haushaltssperre sei unangemessen. Im übrigen könne das Parlament den Termin der Ansprache frei wählen: „Die Verfassung schreibt den Tag nicht vor, es ist nicht der Geburtstag des Präsidenten oder so etwas ähnliches.“
Mit der Revanche des Präsidenten hat der Haushaltsstreit endgültig das Niveau einer Schulhofschlägerei erreicht. Und bislang deutet nichts darauf hin, dass eine Seite zum Nachgeben bereit ist. Trump twittert im Stundentakt neue Alarmmeldungen, die auf die angeblich dramatische Lage an der Grenze hinweisen und den Bau der Mauer fordern. Die Demokraten betonen, dass sie kein Geld für das Prestigeprojekt des Präsidenten freigeben wollen. Das Einmauern in Schützengräben birgt für beide Seiten Gefahren: Manche Demokraten fürchten inzwischen, dass sie als reine Neinsager wahrgenommen werden. Die Republikaner fürchten umgekehrt den wachsenden Unmut der Beamten, die auf ihren Lohn warten. In einer bemerkenswerten Aktion rief das US-Außenministerium mehrere tausend Beschäftigte an ihre Schreibtische zurück. Die Hausleitung hatte in einem sachfremden Etat genügend Geld gefunden, um die Diplomaten für zwei Wochen zu bezahlen.