Stühle und Tische flogen um. Hunderte Menschen flohen in Panik von der Promenade des spanischen Ferienortes Platja d'Aro (Provinz Girona) an der Costa Brava. Sie glaubten, dass ein Terrorangriff wie Mitte Juli im französischen Nizza im Gang war. Als schwer bewaffnete Polizisten anrückten, fanden sie aber keine Terroristen, sondern jugendliche deutsche Touristen, die mit einer organisierten „Flashmob“-Aktion die Panik ausgelöst hatten. Elf Menschen wurden bei dieser Massenhysterie verletzt, fünf Betreuer der Jugendgruppe kamen in Haft.
Selfie-Stäbe für Waffen gehalten
Alles begann gegen zehn Uhr abends in dem Urlaubsort Platja d'Aro, einer der Urlaubshochburgen an der Costa Brava an der nordspanischen Mittelmeerküste. Die Bar- und Restaurantterrassen waren gefüllt, die Menschen saßen beim späten spanischen Abendessen. Plötzlich rannten Dutzende deutsche Jugendliche schreiend und gestikulierend über die Promenade. Fuchtelten mit Selfie-Stäben und Kameras herum, die offenbar von Passanten mit Waffen verwechselt wurden. Und sie machten Lärm, den die Menschen für Detonationen hielten.
Binnen Minuten brachen die Notrufleitungen der Polizei zusammen: Anrufer berichteten den Beamten von Schüssen. Vermuteten einen Terrorangriff. Sahen angeblich bewaffnete Dschihadisten über die Promenade rennen. Polizeieinheiten und Krankenwagen rasten zum mutmaßlichen Tatort.
„Lauft, lauft“, schrien nichts ahnende Menschen, die das Spektakel der deutschen Jugendgruppe falsch interpretierten. Und: „Bringt euch in Sicherheit!“ Hunderte Personen flüchteten, suchten Zuflucht in Restaurants und Geschäften. Dort wurden die Rollläden heruntergelassen. „Die Gäste gingen unter den Tischen in Deckung“, berichtete das spanische Fernsehen, einige Menschen seien in Ohnmacht gefallen.
Fragwürdige Freizeitaktion
Die Polizei fand schnell heraus, dass sie es nicht mit einem Terrorangriff, sondern mit einer fragwürdigen Freizeitaktion deutscher Jugendlicher zu tun hatten, die in dem Ort Urlaub machten. Die Beamten brauchten aber längere Zeit, um die verschreckten Bürger des Ferienortes zu beruhigen. Über die sozialen Netzwerke, in denen schon Bilder und Videos vom angeblichen Terrorangriff kursierten, teilten die Behörden mit: „Es ist ein falscher Alarm, bitte bewahren Sie Ruhe.
“Den Ermittlungen zufolge hatte die Jugendgruppe auf der Promenade und im angrenzenden Ausgehviertel eine Videoaktion organisiert, die im Internet veröffentlicht werden sollte. Dabei wurde simuliert, dass ein Prominenter versucht, vor einer Meute von Paparazzi und Fans wegzurennen, die ihn durch die Straßen verfolgt. Mit dieser lautstarken Video-Story nahm das verhängnisvolle Missverständnis in Platja d'Aro seinen Ausgang.
Die Polizei nahm noch am Abend fünf Betreuer der Jugendgruppe fest. Sie mussten die Nacht hinter Gittern verbringen und wurden am nächsten Tag dem Untersuchungsrichter vorgeführt. Gegen sie wird nun wegen Störung der öffentlichen Ordnung ermittelt. Sowohl die Stadtverwaltung wie auch Restaurant- und Geschäftsbesitzer, deren Einrichtungen bei der Panik zu Bruch ging, erstatteten Anzeige.
Zweithöchste Terroralarmstufe
Erst vor wenigen Tagen gab es nur 60 Kilometer von Platja d'Aro entfernt einen echten Terroralarm. Die Polizei nahm Ende Juli in dem Ort Arbúcies zwei mutmaßliche Helfer der IS-Terrormiliz fest. In ganz Spanien herrscht die zweithöchste Terroralarmstufe 4. Im Zuge dieser Warnstufe werden auch Touristenzentren und Strände von schwerbewaffneten Beamten bewacht.