Begleitet von Gewalt und Drohungen sind die Menschen im Jemen zur Wahl gegangen, um einen Nachfolger für Langzeitpräsident Ali Abdullah Salih zu bestimmen. Zur Wahl stand am Dienstag allerdings nur ein Kandidat: der seit 1994 amtierende Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi (66). Darauf hatten sich die großen Parteien des Landes verständigt, um weitere Konflikte zu vermeiden.
Bei Feuergefechten zwischen Sicherheitskräften und politischen Gruppierungen, die zum Wahlboykott aufgerufen hatten, gab es nach Angaben von lokalen Medien und der Polizei mindestens zwei Tote und rund 30 Verletzte. Insbesondere im Südjemen blieben wegen der Gewalt viele Wahllokale geschlossen.
Erst mit dieser Wahl endet offiziell die Amtszeit von Präsident Salih, der 1978 in Sanaa die Macht übernommen hatte. Er hatte sich im Januar in die USA abgesetzt. Nach der Wahl sollen die zahlreichen Verwandten, die Salih als Kommandeure in Armee, Geheimdienst und Polizei eingesetzt hatte, die Sicherheitskräfte verlassen. Der nach eigenen Angaben 66 Jahre alte Feldmarschall Hadi wird allerdings nur für zwei Jahre als Übergangspräsident im Amt bleiben. Danach wird im Jemen erneut gewählt.
Die Gewalt konzentrierte sich hauptsächlich auf den Süden des Landes, wo einige Landstriche von Al-Kaida-Terroristen und Anhängern der Separatistenbewegung (Al-Herak) kontrolliert werden. In der Hauptstadt Sanaa sowie in den Provinzen Marib und Tais reihten sich die Menschen dagegen friedlich in die langen Warteschlangen vor den Wahllokalen ein.
In der Stadt Sindschibar und an einigen anderen Orten in der Provinz Abijan sollen Al-Kaida-Terroristen am Dienstag die Stimmabgabe verhindert haben. In anderen Bezirken blockierten bewaffnete Anhänger der Separatistenbewegung des Südens, die zum Boykott aufgerufen hatte, die Wahllokale.
Die Separatisten treten für eine Trennung von Nord- und Südjemen ein. Sunnitische Gruppen warfen der schiitischen Houthi-Bewegung vor, sie habe in etlichen Bezirken der nordwestlichen Provinz Saada die Menschen an der Stimmabgabe gehindert. Das Nachrichtenportal „News Yemen“ meldete, in Saada sei wegen der Schikanen der Houthi-Rebellen nur etwa die Hälfte der Wahllokale geöffnet gewesen. In den südlichen Provinzen blieben den Angaben zufolge 50 bis 70 Prozent der Wahllokale geschlossen.
Zu den ersten Wählern, die in Sanaa am Morgen ihre Stimme abgaben, gehörte die Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman. Sie war bei den Protesten gegen Präsident Ali Abdullah Salih, die vor einem Jahr begonnen hatten, immer dabei gewesen.