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MOSKAU
Tod eines Putin-Kritikers im Exil
Von dpa-Korrespondent Ulf Mauder
 |  aktualisiert: 24.03.2013 19:53 Uhr

Der schwerreiche Kreml-Gegner Boris Beresowski (67) galt als Russlands Staatsfeind Nummer eins. Aus seinem britischen Exil heraus inszenierte er sich mit revolutionären Absichten als gefährlicher Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin. Mit Beresowski sei nun eine Symbolfigur der wilden 1990er Jahre gestorben, als neureiche Raubtierkapitalisten um politischen Einfluss kämpften, kommentierten Moskauer Staatsmedien am Sonntag. Der gelernte Mathematiker galt als Meister im Spinnen politischer Intrigen.

Dem „Kreml-Paten“ hingen auch immer Vorwürfe an, er habe Kontakte zur organisierten Kriminalität gehabt. Wie kaum jemand sonst stand der Oligarch, der selbst Ziel mehrerer Anschläge war, unter Putins Vorgänger Boris Jelzin für die Verbindung von Macht und Kapital in der russischen Politik. Jelzin schätzte ihn vor allem für seinen versöhnenden Einfluss unter den rivalisierenden Oligarchengruppen.

Königsmacher im Kreml

Der für seine selbstherrliche Art bekannte Beresowski schrieb sich stets selbst zu, als Königsmacher im Kreml letztlich auch Putin an die Macht gebracht zu haben. Später nannte er seinen Einsatz für den Ex-Geheimdienstchef den größten Fehler seines Lebens.

Der 1946 in Moskau geborene Beresowski machte im kommunistischen System Karriere als Wissenschaftler. Der Wendepunkt für ihn wie für viele Russen war der Zusammenbruch der Sowjetunion vor gut 20 Jahren. Im Zuge der Privatisierungswelle kam er mit Autogeschäften, Öl- und Aluminiumhandel und schließlich als Medien-Mogul zu Reichtum. Nach dem Machtantritt Putins aber fiel er im Kreml in Ungnade – wohl auch, weil er übermütig zu viel Einfluss nehmen wollte.

Mit Putins Aufstieg begann Beresowskis Niedergang. Unter Druck trennte er sich von Medien und anderen Geschäften. 2000 schließlich, im Jahr von Putins Machtantritt, ging er ins Exil nach Großbritannien, wo ihm wenig später politisches Asyl eingeräumt wurde. Seither hatte er aus dem Ausland die russische Opposition massiv finanziell unterstützt und diktierte kremlkritischen Journalisten schwerste Vorwürfe gegen Putin.

Doch sogar die russische Opposition hielt Distanz zu dem undurchschaubaren Beresowski. Der Kreml versuchte den zwielichtigen Ruf des Unternehmers noch zu verstärken, indem er Beresowski mit Prozessen wegen Wirtschaftsverbrechen von Geldwäsche über Betrug bis zur Steuerhinterziehung überzog. Die Urteile gegen den Milliardär ergingen stets in Abwesenheit. In Medien häuften sich zuletzt Berichte, nach denen Boris Beresowski Geldprobleme habe.

Ungeklärte Verbrechen

Immer wieder fielen Beresowskis Anschuldigungen gegen den Kreml auf ihn selbst zurück. Regierungstreue Kräfte brachten ihn sogar mit den großen und bis heute ungeklärten politischen Verbrechen in Verbindung. Dazu gehören die Todesschüsse auf die regierungskritische Reporterin Anna Politkowskaja von der Zeitung „Nowaja Gaseta“ und der Mord an dem früheren Geheimdienstmitarbeiter Alexander Litwinenko, der 2006 an dem Strahlengift Polonium 210 in London starb.

Russische Verschwörungstheorien unterstellen Beresowski, er habe diese ihm eigentlich zugetanen Putin-Gegner selbst ausschalten lassen, um den Verdacht anschließend auf den Kreml zu lenken. Bald dürften sich um den Tod des immer Kampfeslustigen ebenfalls Legenden ranken. Weggefährten in Moskau betonten, dass Beresowski bis zuletzt ein Gejagter des russischen Geheimdienstes war.

 
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