Für die britische Premierministerin Theresa May haben sich die Mühen der letzten Wochen ausgezahlt: Der neue US-Präsident Donald Trump empfängt sie am Freitag als ersten ausländischen Staatsgast in Washington und soll sie bereits „meine Maggie“ genannt haben. Spielte er damit auf das gute Verhältnis zwischen Margaret Thatcher und Ronald Reagan in den 80er Jahren an? Immerhin verband die beiden seit ihrem ersten Treffen eine tiefe politische Freundschaft.
Bis dahin dürfte es bei den amtierenden Regierungschefs noch ein weiter Weg sein. Viele Briten zeigten sich dennoch versöhnt. Immerhin stand die konservative Regierungschefin nach Trumps Wahl im November auf seiner Anrufliste lediglich an zehnter Stelle, was auf der Insel für einige Verstimmung gesorgt hatte. Zu stolz ist man auf jene „besondere Beziehung“ zu den USA, die die Briten seit den Tagen von Winston Churchill beschwören – zum Leidwesen zahlreicher Beobachter meist einseitig.
May aber ist dringend angewiesen auf ein schnell nach dem EU–Austritt abgeschlossenes bilaterales Handelsabkommen, das der Republikaner bereits in Aussicht gestellt hat. Als er das in einem Interview bekräftigte, war die Erleichterung in Downing Street fast bis in die schottischen Highlands zu spüren. Doch Beobachter warnen vor einer Naivität vonseiten Londons im Umgang mit jenem Präsidenten, der die Parole „Nur Amerika zuerst“ aussendete.
„Der Sinn jedes Handelsvertrages ist die Mehrung des Wohlstands und nicht die Verfolgung engstirniger politischer Ziele“, schrieb etwa die britische Tageszeitung „The Times“.
Der „Economist“ meinte, die Britin solle nicht nach Trumps Beifall streben, sondern nach Respekt. Bereits vergangene Woche monierte der „Guardian“: „Wieder und wieder erniedrigt sich London selbst in seiner Verzweiflung, von Washington wahrgenommen zu werden“ – ganz gleich, wie entsetzlich der Amtsinhaber sei.
Denn während andere europäische Politiker den streitbaren Republikaner offen kritisiert oder zumindest leise vor ihm gewarnt haben, hielt sich May zurück. Im Dezember schickte sie ihre zwei engsten Mitarbeiter für Vorgespräche nach New York. Im Januar traf sich dann Außenminister Boris Johnson mit Trumps Beratern.
Auch dass London nach der Konferenz zum Nahost-Konflikt am vorvergangenen Wochenende in Paris die gemeinsame Erklärung nicht unterschrieb, die eine Zwei-Staaten-Lösung fordert, wurde als wohlgesonnener Gruß an den US-Präsidenten interpretiert.
Theresa May will das Land in den nächsten Jahren neu positionieren. Und Trump scheint der richtige Ansprechpartner. Er ist Brexit-Fan und meinte, der EU-Austritt werde sich „letztlich als eine großartige Sache herausstellen“.
Doch vonseiten der Opposition hagelte es Kritik. Der ehemalige Vize-Premier Nick Clegg von den Liberaldemokraten sagte, kein noch so ambitionierter Handelsdeal mit den USA könne aufwiegen, was das Königreich durch den Austritt aus dem EU-Binnenmarkt direkt vor der Haustür verliere. May strebt einen harten Bruch mit Brüssel an. Auf ihre Visite angesprochen, meinte sie, sie werde Trump direkt damit konfrontieren, sollte er Bemerkungen machen, die sie für nicht akzeptabel halte.
Trotzdem antwortete sie ausweichend auf die Frage, ob sie den Präsidenten nach den weltweiten Protestmärschen auch auf seine Haltung gegenüber Frauen ansprechen werde. „Das größte Statement zur Rolle von Frauen wird sein, dass ich ihn als weibliche Premierministerin besuche und direkt mit ihm über unsere gemeinsamen Interessen spreche.“ Auf der Agenda stehen außerdem die Bedeutung der Nato und der gemeinsame Kampf gegen den Terror.
Möglicherweise zielt Trump mit der Einladung Mays auch auf etwas ganz anderes ab. Medien zufolge könnte Königin Elizabeth II. den US-Präsidenten, dessen verstorbene Mutter aus Schottland stammte, noch in diesem Sommer zu einem Staatsbesuch einladen. Der Gang über den roten Teppich zum Palast, royaler Prunk und Pomp, Fotos mit der Queen – es wäre eine Visite, die ganz nach Trumps Geschmack sein dürfte.