
Es ist ein absolutes Schreckensszenario: Terroristen schlagen an vielen Orten Deutschlands gleichzeitig zu. Ein Bombenanschlag am Münchner Hauptbahnhof fordert 20 Todesopfer, an einer Schule in Bremen wütet ein Amokläufer. Der Düsseldorfer Flughafen wird von einer schweren Explosion erschüttert, bei Attentaten in Köln, Münster und Osnabrück werden Dutzende Menschen getötet und Hunderte verletzt.
Im ganzen Land bricht Panik aus. Die Polizei ist überfordert und ruft die Bundeswehr zu Hilfe. Der erste gemeinsame Antiterroreinsatz in der Geschichte der Bundesrepublik beginnt. 360 Soldaten haben in den vergangenen drei Tagen zusammen mit der Polizei in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und im Saarland geübt, wie sie in einer solchen Situation reagieren würden.
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Innenminister Thomas de Maiziere (beide CDU) haben in Berlin die gemeinsame Stabsübung verteidigt, an der es zuvor viel Kritik gegeben hatte. Ein möglicher Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist seit Jahren heftig umstritten.
Die Übung unter Führung der Polizei habe gezeigt, dass die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr „schon gut funktioniert“, sagte de Maiziere. Es seien wichtige Erkenntnisse über die jeweiligen Kommandostrukturen und die unterschiedlichen Fachsprachen gewonnen worden. Ursula von der Leyen sagte: „Im Ernstfall möchte die Bevölkerung, dass sie so gut wie möglich geschützt wird.“ Am ersten Tag der Übung sei oft noch zu langsam reagiert worden, das habe sich bereits am zweiten Tag deutlich verbessert. So spektakulär die Ausgangslage war, die sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz ausgedacht hatte, so unauffällig verlief die Übung selbst. Keine Spur von Spezialeinheiten, die sich aus Hubschraubern abseilten, keine Panzer, keine Straßensperren.
Die Manöver fanden am grünen Tisch, an Bildschirmen und Telefonen statt. Erprobt wurden Kommandostrukturen, Alarmierungsketten und Entscheidungswege. Angenommen wurde ein „Terroranschlag katastrophischen Ausmaßes“, bei dem das Grundgesetz eine Einsatzbeteiligung der Bundeswehr im Inneren unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.
Im Vorfeld hatte es viel Kritik an der Übung gegeben. So sagte die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic: „Mit der gemeinsamen Übung wird auf unverantwortliche Weise der Grundsatz infrage gestellt, dass die innere Sicherheit Hoheitsaufgabe der Polizei ist.“ Und die Gewerkschaft der Polizei kritisierte das Ausgangsszenario der Simulation als „völlig überzogen“.
Innenminister de Maiziere sagte dagegen, dass etwa die Anschlagsserien von Paris oder im indischen Mumbai gezeigt hätten, wie groß die Gefahr sei, die vom internationalen Terrorismus ausgeht. Es sei nicht auszuschließen, dass es auch in Deutschland zu Anschlagsserien komme, die gleichzeitig und koordiniert ausgeführt würden.
Die Erkenntnisse aus der ersten Übung müssten nun vertieft werden, sagte de Maiziere, der weitere derartige Simulationen „selbstverständlich und notwendig“ nannte. Auch Manöver, bei der Einsätze praktisch und auf der Straße geprobt würden, schloss er nicht aus. Laut Ursula von der Leyen hat die Polizei während der dreitägigen Stabsübung in 46 Fällen die Hilfe der Bundeswehr angefordert. Dabei sei es etwa um die Entschärfung von Sprengfallen gegangen, bei der die Bundeswehr durch ihre Auslandseinsätze große Erfahrung besitze.
Auch in der Versorgung größerer Zahlen von Verwundeten mit Schuss-, Brand- oder Sprengwunden verfüge die Bundeswehr über große Expertise, die auch bei einer Terrorlage hilfreich sein könne. Dies gelte genauso bei der Rettung verwundeter Menschen von Anschlagsorten, an denen geschossen werde. Über entsprechend geschützte Krankentransportfahrzeuge verfüge in Deutschland fast nur die Bundeswehr.