Bei einer Reihe islamistischer Anschläge in Tunesien, Frankreich und Kuwait sind am Freitag innerhalb kurzer Zeit mindestens 61 Menschen getötet worden: Bei Lyon wurde ein Mann enthauptet, einem Selbstmord-Attentat in der Nähe einer schiitischen Moschee in Kuwait fielen während des Freitagsgebets mindestens 24 Menschen zum Opfer. Und im Badeort Sousse an der tunesischen Mittelmeerküste, wo bewaffnete Männer ein Urlauberhotel überfielen, gab es mindestens 37 Tote. Unter den Opfern sind nach Angaben der tunesischen Regierung auch deutsche Urlauber. Das berichteten staatliche Medien unter Berufung auf das Gesundheitsministerium in Tunis, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Vom Auswärtigen Amt gab es bis zum Abend keine Bestätigung.
Wie ein Sprecher des tunesischen Innenministeriums mitteilte, wurden bei dem Angriff auf das Strandhotel „Imperial Marhaba“ mehr als 20 weitere Menschen verletzt. Lokale Medien meldeten unter Berufung auf Augenzeugen, zwei Terroristen seien von der Strandseite aus auf das Hotelgelände vorgedrungen. Einer habe plötzlich aus einem zusammengefalteten Sonnenschirm ein Sturmgewehr hervorgeholt und auf Menschen geschossen, die am Strand lagen.
In einem Feuergefecht hatten Sicherheitskräfte einen Angreifer getötet und später zahlreiche Sturmgewehre beschlagnahmt, hieß es aus Sicherheitskreisen in Tunesien. Bei dem getöteten Terroristen handelt es sich demnach um einen Tunesier. Der zweite Angreifer sei festgenommen worden.
Tunesien brauche Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Erst im März waren in Tunesien bei einem Terrorangriff auf ein Museum in der Hauptstadt mehr als 20 Menschen getötet worden. Im April 2002 waren bei dem bis dahin schwersten Terroranschlag in Tunesien auf eine Synagoge in Djerba 21 Menschen ums Leben, darunter 14 deutsche Urlauber.
Experte glaubt an mehr Anschläge
Dafür, dass die Terroristen nun erneut in Tunesien zuschlugen, hat der Würzburger Terrorismusexperte Peter Neumann eine Erklärung: „Die meisten ausländischen Kämpfer des Islamischen Staats sind Tunesier. Wir schätzen die Zahl auf 3000.“ Hinzu kämen die offenen Grenzen zu Libyen, über die die Islamisten ungehindert nach Tunesien zurückkehren können. Dem beliebten Urlaubsland sagt er eine düstere Entwicklung voraus: „Was den Terror angeht, kommt auf Tunesien noch mehr zu“, glaubt er.
Ähnliches gilt laut Neumann auch für Europa. Bereits am Freitagvormittag wurde in Frankreich nach einem Überfall auf eine Industriegasfabrik bei Lyon die Leiche eines enthaupteten Mannes entdeckt. Ein 35-Jähriger mit Kontakten zur radikal-islamistischen Szene wurde festgenommen. Im September hat es laut Neumann einen Aufruf des IS an seine Anhänger im Westen gegeben, Anschläge zu verüben – wo und wann sie wollen. Neumann ist sich sicher: „Es wird in Europa immer häufiger solche Anschläge geben.“ An ein koordiniertes gemeinsames Vorgehen der Attentäter von Sousse und Lyon glaubt der Wissenschaftler vom Londoner King's College allerdings nicht. „Ich denke, die Terroristen haben weitgehend unabhängig voneinander gehandelt“, sagt er. Ein Zufall sei die zeitliche Nähe der Anschläge dennoch nicht: „Am Montag ist der erste Jahrestag des vom IS ausgerufenen Kalifats in Syrien und im Irak.“ Mit Informationen von dpa
Hilfe für Reisende
Der Touristikkonzern TUI geht davon aus, dass sich unter den Todesopfern in Tunesien eigene Kunden befinden. Zum jetzigen Zeitpunkt lägen noch keine gesicherten Erkenntnisse vor. „Wir müssen aber davon ausgehen“, heißt es in einer Erklärung. Demnach leitete der TUI-Krisenstab alle notwendigen Maßnahmen ein. Mitarbeiter bereiteten sich auf ihren Einsatz vor Ort vor. TUI hat eine kostenlose Hotline unter der Nummer Tel. 0049 (0)511 567 8000 eingerichtet. Gäste, die in der Sommersaison eine Tunesienreise gebucht haben, können bis einschließlich 15. September gebührenfrei umbuchen oder stornieren. Für Urlauber, die ihre Reise beenden wollen, organisiert TUI vorzeitige Abreisen. dpa