Der aus Syrien geflohene Ministerpräsident Riad Hidschab hat sich den Aufständischen gegen das Regime von Baschar al-Assad angeschlossen. „Ich gebe hiermit bekannt, dass ich mich vom mörderischen und terroristischen Regime abgewandt und mich der Revolution der Freiheit und Würde angeschlossen habe“, hieß es in einer Erklärung, die Hidschabs Sprecher im arabischen Fernsehsender Al-Dschasira verlas. Zuvor hatten jordanische Sicherheitskreise dem Sender bestätigt, dass Hidschab über die grüne Grenze nach Jordanien geflohen ist.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach in dem Zusammenhang von einem Zerfall des syrischen Regimes. „Diese Nachrichten zeigen, wie weit der Erosionsprozess des Assad-Regimes vorangeschritten ist. Die Ereignisse belegen auch, wie notwendig ein sofortiges Ende der Gewalt und die Bildung einer Übergangsregierung ohne Assad sind.“
Der Erklärung zufolge plante der Politiker seine Flucht seit mehr als zwei Monaten. Bewerkstelligt wurde sie mithilfe der aufständischen Freien Syrischen Armee.
Hidschab war erst im Juni zum Ministerpräsidenten ernannt worden. Davor hatte der 46-Jährige sein ganzes Leben treu dem Assad-Regime gedient. Er bekleidete hohe Funktionen in der herrschenden Baath-Partei. Als im Frühjahr 2011 die Proteste gegen Assad begannen, war er Gouverneur der Mittelmeer-Provinz Latakia, aus der die Assad-Familie stammt.
Die Kämpfe in Syrien treiben immer mehr Menschen in die Flucht. Für eine Aufnahme der Flüchtlinge in Deutschland sieht die Bundesregierung jedoch keinen Anlass. Hilfsorganisationen versuchen, die Situation der Geflohenen vor Ort zu verbessern.
Im Moment gehe es darum, den Menschen in Syrien selbst sowie den Flüchtlingen in den Nachbarländern Libanon und Jordanien zu helfen, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP): „Die Leute wollen dort nicht weg, weil sie die Hoffnung haben, dass die Kämpfe bald vorbei sind und dass sie wieder nach Hause können.“
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte in Berlin, das sei auch die Haltung von Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Die Forderung des Grünen-Politikers Volker Beck, Syrien-Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen, sei „völlig fehl am Platze zurzeit“, sagte Löning am Montag im Radiosender SWR2. Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte die Aufnahme vor allem von Christen aus dem Land. Sie gerieten in dem Konflikt zwischen alle Fronten, sagte Kauder. Löning entgegnete, den Menschen müsse unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit geholfen werden.
Auch der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Stefan Telöken, sieht keinen Anlass für einen Aufruf zur Aufnahme von Flüchtlingen. Das sei schon angesichts der Zahl der Flüchtlinge schwierig.
Rund 4000 syrische Flüchtlinge hätten in den vergangenen Monaten Europa erreicht. Laut Bundesinnenministerium stellten im ersten Halbjahr mehr als 1600 Syrer einen Asylantrag in Deutschland. Ihre Zahl wächst seit den Kämpfen in Syrien monatlich.