Der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Pretoria war mit großen Erwartungen verbunden. Die südafrikanische Regierung hatte sich akribisch auf Merkels Besuch vorbereitet. Hinter den Kulissen wurde, wie aus der Delegation verlautete, mit der deutschen Botschaft selbst um Kleinigkeiten im Protokoll gerungen, alles sollte perfekt sein.
Sieben Stunden sollte Merkel am Donnerstag mit dem südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa verbringen. Mit ihm ist die Hoffnung verbunden, er könne das Land wieder nach vorne bringen. Südafrika ist zwar die größte Volkswirtschaft des Kontinents, aber der Motor ist während der Amtszeit des umstrittenen Staatschefs Jacob Zuma heftig ins Stottern geraten. In diesem Jahr wird die Wirtschaft Südafrikas zum sechsten Mal in Folge mit unter einem Prozent langsamer wachsen als die Bevölkerung.
Wirtschaftfreundlichere Politik
Merkels Besuch soll eine Anerkennung des Reformkurses von Ramaphosa sein, der eine deutlich wirtschaftsfreundlichere Politik betreibt als sein Vorgänger. Ein neuer Privatisierungskurs eröffnet Chancen für Investoren auch aus Deutschland. Welche Chancen das sind, wurde bei der Pressekonferenz von Merkel und Ramaphosa deutlich. Vor allem der Energiesektor ist ein Feld, auf dem deutsche Unternehmen ernten können. Kohle werde mit einem Anteil von derzeit 89 Prozent noch länger eine wichtige Rolle in der Wirtschaft spielen, sagte Ramaphosa und ergänzte: „Aber die Erneuerbaren Energien werden wichtiger.“ Private Unternehmen sowie Städte und Dörfer dürften in Abkehr von der staatlichen Monopolisierung ihren Strom selbst produzieren, das werde zu einem Anstieg bei den Erneuerbaren führen. Merkel habe ihm die deutschen Erfahrungen mit dem Kohleausstieg erläutert, „und wir haben daraus gelernt, was so ein Wandel für uns bedeutet“. In der Tat könnte Deutschland im Grunde genommen vom fossilen und vom erneuerbaren Strang profitieren, denn viele Kohlemeiler in Südafrika sind marode. Eine Modernisierung plus der Ausbau von Solar- und Windenergie würde den CO2-Ausstoß des Landes, das der größte Emittent auf dem Kontinent ist, spürbar senken. Deutschland allerdings will kein Geld beziehungsweise keine Bürgschaften für die Modernisierung von Kohlekraftwerken geben. Die letzte Hermes-Bürgschaft ist zwölf Jahre alt und läuft aus.
Bilaterales Wirtschaftsforum
Aber Deutschland ist nicht nur wegen des Energiethemas der zweitgrößte Handelspartner Südafrikas und einer der Hauptinvestoren, auch andere Branchen laufen gut. So besuchte Merkel am Nachmittag, im Anschluss an die Teilnahme an einem bilateralen Wirtschaftsforum, nordwestlich von Pretoria das den Angaben zufolge erste internationale BMW-Werk. 1973 gegründet, bietet es seit 2018 eine große Trainingsakademie mit rund 300 Ausbildungs- und Fortbildungsplätzen.
Ramaphosa freute sich zudem über die unterzeichnete Initiative über die Förderung der Berufsausbildung. Diese soll dabei helfen, die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Der Präsident schwärmte vom deutschen Dualen System als einem „der bewundernswertesten der Welt“.
„Deutschland möchte ein guter Partner an der Seite Südafrikas sein“, betonte Merkel, die auch den Blick auf die Sicherheitslage im Land lenkte: „Wir alle wissen: Entwicklung kann nur gelingen, wenn es Sicherheit gibt, aber Sicherheit wird es nur geben, wenn es Entwicklung gibt.“