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Washington
Showdown im Senat
Am Freitag entscheidet sich, ob der Impeachment-Prozess gegen Donald Trump eingestellt wird. Die Republikaner wollen trotz erdrückender Beweislage keine Zeugen hören. 
US-Präsident Donald Trump pöbelt gegen seinen einstigen Top-Berater John Bolton (rechts).
Foto: BRENDAN SMIALOWSKI, afp | US-Präsident Donald Trump pöbelt gegen seinen einstigen Top-Berater John Bolton (rechts).
Karl Doemens
Karl Doemens
 |  aktualisiert: 13.02.2020 02:11 Uhr

Die Senatoren rutschen auf ihren Sitzen herum. Sie kauen Bonbons und tuscheln mit den Nachbarn. Einige spazieren auf und ab. Andere haben den Saal ganz verlassen. Die Disziplin hat deutlich abgenommen nach acht Prozesstagen im Impeachment-Verfahren des Senats. Und die überwältigende Mehrheit der Republikaner setzt darauf, dass das dritte Amtsenthebungsverfahren der US-Geschichte am heutigen Freitag zu einem abrupten Ende kommt.

„Hört die Zeugen!“, riefen am Mittwoch ein paar Dutzend Demonstranten vor dem Kapitol. „Ohne Zeugen ist das eine Vertuschungsaktion“, hatte ein Protestler auf sein Plakat geschrieben. Doch drinnen in dem ehrwürdigen Parlamentsgebäude trat John Cornyn, der republikanische Senator von Texas, vor die Kameras und sagte: „Es ist wirklich nicht nötig, dass Herr Bolton kommt und diese Show noch weiter verlängert. Er und die anderen Zeugen würden uns in den nächsten Wochen und Monaten alle unsere Zeit stehlen.“

Mehr Redezeit für Anwälte

Nachdem die Anklage und die Verteidigung von Präsident Donald Trump jeweils drei Tage ihre Argumente vorgetragen hatten, konnten die Senatoren am Mittwoch und Donnerstag beiden Parteien Fragen stellen. Doch die meisten Wortmeldungen dienten dazu, den Anwälten des eigenen Lagers mehr Redezeit zu verschaffen.

Im Kern des Prozesses steht der mutmaßliche Versuch Trumps, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einer rufschädigenden Ermittlung gegen den demokratischen Ex-Vizepräsidenten Joe Biden zu erpressen. Schon bei der Anhörung des Repräsentantenhauses hatten ein Dutzend Beamte und Diplomaten die Intrige detailliert beschrieben. Mit dem ehemaligen Sicherheitsberater John Bolton hat sich nun zudem der wohl wichtigste Augenzeuge zu Wort gemeldet. In seinem unveröffentlichten Buch schreibt Bolton, der Präsident habe ihm ausdrücklich gesagt, dass die US-Militärhilfe von 400 Millionen Dollar nur ausgezahlt werde, wenn Kiew gegen Biden vorgehe.

Trump feuert aus allen Rohren

Für die Demokraten ist dies die „smoking gun“, der ultimative Beweis für die Schuld des Präsidenten. Doch der feuert aus allen Rohren zurück. Zunächst untersagte das Weiße Haus Bolton die Veröffentlichung des Buches. Dann pöbelte Trump bei Twitter gegen seinen früheren Top-Berater, der ihn „um den Job angebettelt“ habe und ein Kriegstreiber sei. Gleichzeitig ermahnte der Präsident seine Parteifreunde im Senat: „Lasst Euch nicht von den Demokraten instrumentalisieren“. Auch Mehrheitsführer Mitch McConnell baut nach Medienberichten enormen Druck auf. Zur juristischen Absicherung argumentierte Trumps Star-Anwalt Alan Dershowitz im Senat, ein Präsident dürfe alles tun, was im nationalen Interesse seiner Wiederwahl diene.

Vierstündige Debatte

Die meisten Republikaner sind bereit, dieser abenteuerlichen These zu folgen und den Impeachment-Prozess schleunigst zu beenden. Am heutigen Freitag kommt es zum Showdown, wenn nach einer voraussichtlich vierstündigen Debatte darüber abgestimmt wird, ob die Kammer Zeugen anhört. Die Republikaner haben eine Mehrheit von 53 zu 47 Stimmen. Für eine Annahme des Antrags müssten vier Republikaner mit allen Demokraten stimmen. Bislang haben nur zwei Abweichler ein solches Votum angedeutet.

Sollten die Stimmen tatsächlich zusammenkommen, dürfte der Prozess noch Wochen dauern. Scheitert der Vorstoß, wäre das Amtsenthebungsverfahren höchstwahrscheinlich am Wochenende vorbei – gerade rechtzeitig für Trumps jährliche Regierungserklärung am Dienstag. Die „State of the Union“ dürfte dann eine triumphale Siegesfeier werden.

 
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