Um die EU-Urheberrechtsreform tobt im Netz ein Proteststurm und in der großen Koalition ein heftiger Streit. Union und SPD zanken um den Einsatz von sogenannten Upload-Filtern. Den wollen zwar beide Seiten verhindern, obwohl auch die Bundesregierung dem europäischen Reformwerk zugestimmt hat. Doch während die Union nur in Deutschland auf die automatische Überprüfung von hochgeladenen Inhalten verzichten will, spricht sich die SPD dafür aus, den Filter-Einsatz in ganz Europa zu verhindern.
CDU und CSU im Bundestag sind sich grundsätzlich einig, einer Initiative von CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak zu folgen, nach der in der nationalen Umsetzung der EU-Gesetze der Einsatz von Upload-Filtern umgangen werden soll. Demnach sollen grundsätzlich alle Inhalte hochgeladen werden können. Unterhalb einer zeitlichen Grenze wären die Uploads gebührenfrei. Für eine Nutzung, die darüber hinausgeht, sollen die Plattformen Lizenzen erwerben. Rechteinhaber könnten zudem auf ihre Ansprüche verzichten oder eine Löschung verlangen. Jedem Urheber soll über gesetzlich verpflichtende Pauschallizenzen die Möglichkeit gegeben werden, für ihre Werke eine Vergütung zu bekommen. Die Notwendigkeit für eine automatische Filterung falle dadurch weg, heißt es.
Gegen nationale Alleingänge
Hansjörg Durz, stellvertretender Vorsitzender des Bundestags-Digitalausschusses, sprach von einem „fairen Interessenausgleich zwischen Nutzern, Urhebern und Plattformen. Die Grundidee ist Bezahlen statt Blockierung.“ Grundsätzlich solle jeder Urheber die Möglichkeit haben, für sein Werk eine Vergütung zu bekommen, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kritisierte dagegen: „Nationale Alleingänge zu Upload-Filtern, wie von der Union jetzt vorgeschlagen, sind nicht sinnvoll.“ Die EU-Abgeordneten der Union sollten sich den SPD-Bemühungen anschließen, die Filter in ganz Europa verhindern.
Mit der Reform will die EU das Urheberrecht an das Internetzeitalter anpassen. Das Regelwerk soll sicherstellen, dass Musiker, Autoren oder Filmemacher für ihre kreativen Leistungen im Internet angemessen bezahlt werden. Netzaktivisten befürchten allerdings, dass die neuen Richtlinien Tür und Tor für übermäßige Kontrolle oder gar Zensur öffnen wird. Am Donnerstag will die Internet-Lexikon Wikipedia sogar seine deutschsprachige Seite für 24 Stunden vom Netz nehmen, um gegen die Urheberrechtsreform zu protestieren.
Knackpunkt ist Artikel 13 der Reform, mit dem große Internetplattformen wie Youtube oder Facebook bei der Wahrung von Urheberrechten stärker in die Pflicht genommen werden sollen. Die Betreiber müssen demnach Lieder, Videos oder Texte, die auf ihre Plattformen geladen werden, künftig von sich aus darauf überprüfen, inwiefern Urheberrechte berührt werden. Bisher galt: Plattformbetreiber mussten geschützte Inhalte erst dann löschen, wenn sie vom Rechteinhaber dazu aufgefordert wurden.
Sorge bei jungen Nutzern
Kritiker argumentieren, dass die von der EU geforderte vorherige Kontrolle nur durch den Einsatz so genannter Upload-Filter möglich sei. Das sind Computerprogramme, die Inhalte automatisch darauf überprüfen, ob Urheberrechte betroffen sind. Netzaktivisten befürchten nichts weniger als das Ende des freien Internets. Bei vielen jungen Nutzern der Video-Plattform Youtube herrscht die Sorge, dass Upload-Filter die Kultur der Weiterverbreitung, Kommentierung und Veränderung von Musikstücken, Texten, Fotos oder Videos zerstören würden. In der Union führt die Aufregung im Netz wiederum zur Angst vor dem Verlust der Stimmen zahlreicher junger Wähler. Auch beim eigenen Nachwuchs, in der Jungen Union (JU), hatte die Reform zu heftigen Widerstand ausgelöst. Der Vorschlag des früheren JU-Vorsitzenden Ziemiak gilt als eine Reaktion darauf.
FDP-Chef Christian Lindner warf der Bundesregierung einen „Zickzackkurs“ vor: „Erst ist sie gegen Uploadfilter, dann hebt sie in Brüssel dafür die Hand. Nun robbt die CDU sich wieder weg von den dort gefassten Beschlüssen.“