Eine neue Studie des Bundesinnenministeriums zur Integrationsfähigkeit junger Muslime sorgt für neuen Konfliktstoff in der schwarz-gelben Koalition. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) warnte unmittelbar nach der Veröffentlichung am Donnerstag davor, junge Muslime unter Generalverdacht des Terrorismus zu stellen.
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stellte die Aussagekraft der Studie infrage. Es bestehe die Gefahr, damit lediglich Schlagzeilen zu produziert, sagte sie.
Zentraler Streitpunkt ist die Darstellung, dass 22 Prozent der deutschen Muslime zwischen 14 und 32 Jahren einer Integration eher zurückhaltend gegenüberstehen, und die eigene Herkunftskultur betonten. Bei den Muslimen ohne deutschen Pass hätten 48 Prozent starke Separationsneigungen. Innerhalb der jungen Muslime seien es wiederum 15 Prozent bei den deutschen und etwa 24 Prozent bei den nichtdeutschen Jugendlichen, die laut Studie als „streng Religiöse mit starken Abneigungen gegenüber dem Westen, tendenzieller Gewaltakzeptanz und ohne Integrationstendenz“ bezeichnet werden könnten.
Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Hans-Peter Uhl, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, die hohe Zahl nicht integrierter und auch nicht integrationswilliger Muslime sei erschreckend. „Diese Integrationsverweigerung muss nicht, aber kann den Nährboden für religiösen Fanatismus und Terrorismus darstellen.“
Die Justizministerin betonte: „Bürger, die islamgläubig sind, leben heute ganz selbstverständlich in Deutschland und sind hier zu Hause. Wir sollten die Vorurteile der Vergangenheit und althergebrachte Reflexe endlich hinter uns lassen. Wir brauchen keine Debatte, die ein Zerrbild des Einwanderungslandes Deutschland vermittelt.“
Friedrich warnte davor, Teilergebnisse in den Vordergrund zu stellen. „Das Gesamtbild sagt, die Muslime in Deutschland lehnen Terrorismus kategorisch ab.“ Zudem gebe es die Muslime als Kategorie eigentlich nicht. „Das ist eine ganz vielschichtige Gruppierung.“
Zu den angeblich nicht integrationswilligen muslimischen Jugendlichen sagte Friedrich: „Diese Zahl – unabhängig davon, ob sie in dieser Größenordnung realistisch sein mag oder nicht – bestätigt, dass wir in der Grundtendenz richtig gehandelt haben, die Integration weiter ganz oben auf die Tagesordnung zu setzen.“
Unter jungen Muslimen gebe es oft das Gefühl, sie würden – was den Islamismus angeht – unter Generalverdacht gestellt. „Auch das ist etwas, wo wir dagegen arbeiten müssen – auch in der öffentlichen Darstellung“, mahnte Friedrich. So ein Generalverdacht sei ungerecht. „Und ich glaube auch, dass er allgemein nicht existiert.“ Aber junge Muslime spürten ihn.
Der Psychologe Wolfgang Frindte, der maßgeblich an der Untersuchung beteiligt gewesen war, sagte, die Zahlen seien für ihn nicht überraschend. Würden auch die Eltern- und Großelterngenerationen einbezogen, zeige sich, dass der Anteil radikaler Einstellungen sinke und sich die Muslime deutlich vom islamistischen Terrorismus distanzierten.