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BERLIN
Streit um neue Regeln für Nebeneinkünfte
Von unserem Korrespondenten Rudi Wais
 |  aktualisiert: 17.10.2012 19:18 Uhr

Peer Steinbrück hat die Latte hoch gelegt. Sehr hoch sogar. Nach dem Willen der SPD sollen Abgeordnete in Zukunft alle Nebeneinkünfte auf Euro und Cent genau veröffentlichen – Honorare für Bücher, Artikel und Vorträge, wie der frühere Finanzminister sie zu Dutzenden gehalten hat, aber auch Einnahmen aus Aufsichtsratsmandaten, aus Anwaltskanzleien oder dem kleinen Familienbetrieb zu Hause. Würde ein Parlamentarier einen solchen Zusatzverdienst nicht korrekt deklarieren oder gar verschweigen, müssten ihm die Diäten entsprechend gekürzt werden, notfalls auch bis zur Pfändungsfreigrenze.

Dass die Sozialdemokraten sich mit diesem Vorschlag in den Gesprächen über eine Neuregelung für die Nebentätigkeiten durchsetzen, ist allerdings nicht zu erwarten. CDU, CSU und FDP haben Steinbrück nach dessen Nominierung als Kanzlerkandidaten zwar süffisant seine lukrativen Auftritte außerhalb des Bundestages unter die Nase gerieben – eine Transparenzregelung nach dem Modell der SPD aber wird mit ihnen nicht zu machen sein. Auch ein Parlamentarier müsse seine Bürgerrechte nicht an der Garderobe des Reichstages abgeben, sagt Michael Grosse-Brömer, der Geschäftsführer der Unionsfraktion.

Heute berät die Rechtsstellungskommission des Bundestages, ein Gremium des Ältestenrates, über das heikle Thema. Einig sind sich Regierungs- und Oppositionsparteien bislang allerdings nur darin, dass die gegenwärtige Regelung verbesserungsbedürftig ist. Danach muss ein Abgeordneter bei Nebenverdiensten von mehr als 1000 Euro im Monat oder 10 000 Euro im Jahr lediglich angeben, ob er mit ihnen zwischen 1000 und 3500 Euro, zwischen 3500 und 7000 Euro oder mehr als 7000 Euro verdient hat. Was gefragte Redner wie Steinbrück, die für einen Vortrag häufig fünfstellige Summen erhalten, oder fleißige Anwälte wie der CSU-Mann Peter Gauweiler tatsächlich noch zu ihren Diäten dazuverdienen, bleibt deren Geheimnis. Selbst ein Honorar von 100 000 Euro würde im Handbuch des Bundestages heute nur ganz allgemein mit „Stufe 3“ deklariert – mehr als 7000 Euro.

Als Kompromisslösung für eine Neuregelung ist nun ein deutlich aussagefähigeres Stufenmodell als das gegenwärtige im Gespräch. Nach einem Entwurf der Bundestagsverwaltung, aus dem die Zeitung „Die Welt“ zitiert, würde die höchste von zehn Stufen bei 150 000 Euro beginnen. Kleinere Einkünfte von weniger als 1000 Euro im Monat würden danach weiterhin unter eine Art Bagatellgrenze fallen. Offenlegen müsste ein Abgeordneter sie erst, wenn sie sich im Lauf eines Jahres auf mehr als 10 000 Euro addieren.

Bereits vor fünf Jahren hatte das Bundesverfassungsgericht von den „besonderen Gefahren“ für die Unabhängigkeit von Abgeordneten hingewiesen, die von bezahlten Nebentätigkeiten ausgehen könnten. Das Volk müsse deshalb wissen, von wem und in welcher Höhe seine Vertreter noch Geld entgegennehmen. Im vergangenen Jahr war ein Anlauf, das Stufenmodell von drei auf sieben Stufen auszubauen, am Widerstand der SPD gescheitert. Sie hatte damals schon darauf bestanden, dass Abgeordnete auch Honorare von weniger als 10 000 Euro im Jahr anzeigen müssen.

Die 76 Bundestagsabgeordneten der Linkspartei haben sich unterdessen darauf verständigt, alle Nebeneinkünfte freiwillig bis auf den letzten Cent zu veröffentlichen.

 
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